EKD will Klarheit über Menschenbild

EKD will Klarheit über Menschenbild - Synode widmet sich ab Sonntag Fragen von Bioethik und sozialer Gerechtigkeit

Von Renate Kortheuer-Schüring (epd)

Timmendorfer Strand (epd). Bleibt die Politik Richtung weisende Antworten in Sachen Zukunft derzeit schuldig, so will die evangelische Kirche in den nächsten Tagen Orientierung vermitteln. «Was ist der Mensch?» lautet das Schwerpunktthema der Synode der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), die am Sonntag im Ostseebad Timmendorfer Strand beginnt. Dabei soll es weniger um Einzelfragen wie Embryonenschutz, Behinderung oder Sterbehilfe, als vielmehr um den Horizont des christlichen Menschenbilds gehen.

Klarheit über das Menschenbild zu gewinnen, sei «eminent wichtig» für eine Grundorientierung der Öffentlichkeit, sagt der Berlin-brandenburgische Bischof Wolfgang Huber, Mitglied im Nationalen Ethikrat. Dem Kirchenparlament, das rund 26,6 Millionen Protestanten in Deutschland repräsentiert, liegt dazu der Entwurf einer «Kundgebung» vor. Darin sollen die Erfahrungen aus der Bioethik-Debatte der letzten Jahre gebündelt werden.

Eine «klare Linie» der EKD erwartet Huber, wenn auch zuvor die kirchlichen Stimmen etwa zur Präimplantationsdiagnostik (PID), der Untersuchung von Embryonen bei der künstlichen Befruchtung, kontrovers waren. Die evangelische Kirche wolle deutlich machen, dass es in der Gesellschaft nicht nur um eine Steigerung wirtschaftlicher Effizienz oder um Heilung um jeden Preis gehen könne.

Neben dem Schwerpunktthema werden sich die 120 Synodalen während ihrer sechstägigen Sitzung auch mit aktuellen politischen Fragen beschäftigen, darunter mit großer Wahrscheinlichkeit die Ankündigung von Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD), «Zuwendungen des deutschen Wohlfahrtsstaates zur Disposition zu stellen».

Die von der Bundesregierung angestrebte Sozialreform, verbunden mit der Kürzung staatlicher Leistungen, dürfte bei vielen Kirchenvertretern auf Widerstand stoßen. Die EKD werde sich als gesellschaftliche Kraft erweisen, die dafür steht, dass «das Prinzip sozialer Gerechtigkeit nicht nur für Schönwetter-Perioden, sondern auch für schwierige Zeiten gilt», erwartet Bischof Huber. Die Ankündigung Schröders darf nach seinen Worten «nicht zur Preisgabe des Sozialstaats führen».

«Wir müssen Soziale Marktwirtschaft weiterentwickeln und klar machen, dass die Durchsetzung partikularer Interessen an den Grundsätzen des christlichen Menschenbilds seine Grenzen findet», sagt EKD-Ratsmitglied Huber. Auch das Menschenbild in der Wirtschaft soll in der Synoden-Kundgebung aufgegriffen werden.

Daran, dass die Kirche auch von Unternehmen gehört werden wird, zweifelt Huber nicht. Zur Firmenkultur der «Corporate Identity» gehöre auch ein «gehaltvolles Menschenbild», meint er. Wer Mitarbeiter motivieren und Dienstleistungen erbringen wolle, dürfe die Menschen nicht manipulieren, sondern müsse sie in ihren eigenen Motivationen und Zielen ernst nehmen. Mit ihrer Diskussion des Menschenbilds - so viel zeichnet sich ab - wird die evangelische Kirche auch das Thema soziale Gerechtigkeit wieder auf die Tagesordnung setzen.