Theologe kritisiert Haltung der Kirchen in bioethischen Fragen

Freiburg/Halle (epd). Scharfe Kritik an der Haltung der Kirchen in bioethischen Fragen hat der evangelische Theologieprofessor Klaus Tanner geäußert. Es gebe keine biblisch-theologische Grundlage dafür, den Anfang menschlichen Lebens mit der Verschmelzung von Ei und Samenzelle gleichzusetzen, sagte Tanner auf einer Tagung der Augustinum-Akademie am Mittwoch in Freiburg.  Tanner ist Professor für Systematische Theologie und Ethik an der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg und gehörte der Enquetekommission «Recht und Ethik in der modernen Medizin» an. «Weder Theologen noch Juristen oder Naturwissenschaftler sind in der Lage, exakt zu definieren, wann menschliches Leben beginnt», erklärte der Theologe. Es sei falsch, wenn Theologen in einer «moralischen Appellsprache» verharrten und religiöse Bildwelten auf konkrete naturwissenschaftliche Zusammenhänge übertrügen.  Tanner distanzierte sich auch von der «Verteufelung» biotechnologischer Forschung, die in Kirchen weit verbreitet sei. Gerade die christlichen Kirchen trügen in der Diskussion zu einer «Kultur des Misstrauens» bei, wenn sie Wissenschaftlern pauschal wirtschaftliche Interessen oder Eitelkeit unterstellten. Diese Position sei unglaubwürdig, da die Kirchen ihre eigenen ökonomischen und rechtlichen Grundlagen nicht diskutierten.