Festakt zu Ehren des früheren Berliner Bischofs Scharf

Berlin (epd). Bundespräsident Johannes Rau hat den vor 100 Jahren geborenen früheren West-Berliner evangelischen Bischof Kurt Scharf gewürdigt. «Dieser Mann, der den aufrechten Gang nicht zu üben brauchte, war ein Wunder», erklärte Rau bei einem Festakt am Sonntagabend im Französischen Dom in Berlin. Dabei verwies er auch auf Morddrohungen, die Scharf 1974 wegen eines Gefängnisbesuchs bei der RAF-Terroristin Ulrike Meinhof erhalten hatte.

Scharf, der sich während der NS-Diktatur dem kirchlichen Widerstand angeschlossen hatte, war von 1966 bis 1976 Bischof von Berlin-Brandenburg. Von 1961 bis 1967 hatte er den Ratsvorsitz der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) inne. Er starb 1990.

Mit dem Festakt startete die Evangelische Kirche in Berlin-Brandenburg anlässlich seines 100. Geburtstags am 21. Oktober eine Gedenkwoche zu Ehren Scharfs. «Vielen ist er mit seinem Mut und seiner Demut lebendig», erklärte der heutige Berliner evangelische Bischof Wolfgang Huber.

In einer Festansprache zeichnete der Kirchenhistoriker Martin Greschat den Lebensweg des Theologen nach. «Kurt Scharfs Eintreten für andere Menschen und Gruppen konnte missverstanden und missbraucht werden», sagte er. Dies sei auch geschehen, habe jedoch allein nicht ausgereicht, «um Scharfs Glaubwürdigkeit zu verbrauchen».

In Landsberg an der Warthe geboren, wurde Scharf 1928 Pfarrer im brandenburgischen Friesack. Er wechselte 1933 nach Sachsenhausen, wo es ihm gelang, Pfarrer Martin Niemöller im Konzentrationslager zu besuchen. Früh schloss er sich der Bekennenden Kirche an, deren Rundbriefe er von 1933 bis 1945 größtenteil illegal herausgab.

1966 wurde Scharf als Nachfolger von Otto Dibelius zum Bischof der Berlin-brandenburgischen Kirche gewählt. Auf Grund der politischen Umstände nach dem Mauerbau durch die DDR konnte er seine Arbeit allerdings nur in West-Berlin verrichten.

Der EKD-Ratsvorsitzende, Präses Manfred Kock, hatte Scharf zuvor am Wochenende als einen «Versöhner» gewürdigt, dem viel Unrecht widerfahren sei. «Er war ohne jede Angst vor Mächten und Gewalten», sagte Kock dem epd.