EKD fordert mehr «Wettbewerb» im Gesundheitswesen

Berlin (epd). Die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) hat die künftige Bundesregierung zu einer Strukturreform des Gesundheitswesens aufgefordert. Die gegenwärtige Versorgung sei «uneffektiv und ungerecht», kritisierte der Ratsvorsitzende der EKD, Manfred Kock, in Berlin. Der Gesetzgeber müsse für eine «solidarische Grundorientierung» sorgen, unter den Anbietern medizinischer Leistungen jedoch mehr Wettbewerb zulassen als heute.

Kock bemängelte, die solidarische Finanzierung von Medizin und Pflege werde nur noch durch «den ärmeren Teil der Bevölkerung» geleistet. Die getrennte Finanzierung von Leistungen aus Kranken- und Pflegekassen führe zu «Drehtürbehandlungen». Patienten würden aus Kostengründen zu früh entlassen und dann wieder in eine Klinik eingewiesen. Die Macht der Krankenkassen und der Kassenärztlichen Vereinigungen müsse eingeschränkt werden, weil beide Seiten Reformen blockierten, forderte Kock.

Kock stellte gemeinsam mit Hans-Jürgen Krupp, dem Vorsitzenden der Kammer für soziale Ordnung, eine neue EKD-Studie zur Gesundheitspolitik unter dem Titel «Solidarität und Wettbewerb» vor. Krupp erklärte, die EKD habe bereits 1994 Strukturreformen angemahnt. Die «ad-hoc-Maßnahmen» zur Kostendämpfung seien ohne Erfolg geblieben. Zur Finanzierung des Gesundheitswesens müsse öffentlich über eine «allgemeine Versicherungspflicht» diskutiert werden, so Krupp. Außerdem müssten Rentner mit erheblichen Zusatz-Einkünften höhere Krankenkassen-Beiträge zahlen. Derzeit würden sie auf Kosten der Jüngeren begünstigt.

Die EKD fordert in ihrer Studie nach Krupps Worten deutlich mehr Wettbewerb unter den Anbietern medizinischer und pflegerischer Leistungen, also zwischen Ärzten, Krankenhäusern, Labors und Pflegediensten und Heimen. Ziel müsse sein, allen Menschen unabhängig vom Einkommen eine «Standardsicherung» zu garantieren, die das medizinische Notwendige für ein Leben in Würde beinhalte.

In welcher Form die Leistung in Anspruch genommen oder erbracht werde, könne in stärkerem Maße als heute über den Preis geregelt werden, sagte der ehemalige Landeszentralbank-Präsident und frühere Hamburger Wirtschafssenator. Die EKD gehe davon aus, dass sich das Gesundheitssystem nicht «planwirtschaftlich» verwalten lasse.

Besondere Bedeutung komme dem Wettbewerb zwischen den Krankenkassen zu. Sie könnten den Versicherten verschiedene Angebote zu unterschiedlich hohen Beiträge machen, etwa bei eingeschränkter Arztwahl oder dem Hausarztmodell, erläuterte Krupp. Auch könne die Behandlung von Unfallfolgen aus den Standardleistungen herausgenommen und eine Unfallversicherungspflicht eingeführt werden wie in anderen europäischen Ländern. Im Kern liefen die Vorschläge der EKD auf ein «solidarisches Gesundheitssystem» hinaus, das den Wettbewerb nutze und den mündigen Patienten einbeziehe.