ÖRK-Generalsekretär Raiser verteidigt Ökumene-Kompromiss

Stuttgart (epd). Der Generalsekretär des Ökumenischen Rates der Kirchen (ÖRK), Konrad Raiser, hat die Entscheidung verteidigt, den Begriff «Ökumenischer Gottesdienst» im Weltkirchenrat nicht mehr zu verwenden. Die in einem Kompromisspapier festgehaltene Regelung solle verhindern, dass sich insbesondere orthodoxe Teilnehmer ausgeschlossen fühlen, sagte Raiser in Stuttgart beim Festakt zum 30-jährigen Bestehen der württembergischen Vereinigung «Offene Kirche».

Im Weltkirchenrat arbeiten 342 protestantische, orthodoxe, anglikanische und altkatholische Kirchen aus über 120 Ländern zusammen. Nach einem Streit hatten die orthodoxen Kirchen Anfang September im ÖRK-Zentralausschuss durchgesetzt, dass keine interkonfessionellen Gottesdienste mehr gefeiert werden, sondern nur noch gemeinsame Gebete gesprochen werden dürfen.

Daraufhin hatte die hannoversche lutherische Landesbischöfin Margot Käßmann ihren Sitz im Zentralausschuss unter Protest niedergelegt. Auch die Evangelische Kirche in Deutschland übte deutliche Kritik an der Entwicklung des Weltkirchenrates. Raiser bestritt jedoch, dass sich der Weltkirchenrat «orthodoxem Druck gebeugt» habe. Der Rat habe sich erstmals grundlegenden Fragen in den Beziehungen zu den orthodoxen Kirchen «ehrlich und ernsthaft gestellt».

Die Erwägungen zur Gottesdienstpraxis seien «vorläufiger Natur» und müssten weiter überarbeitet, sagte Raiser. Vor allem beanspruchten sie nicht, «auf allem Ebenen» der ökumenischen Bewegung anwendbar zu sein. Sie seien speziell auf die Situation von großen Konferenzen und Zusammenkünften im Rahmen des Ökumenischen Rates zugeschnitten.

Der Generalsekretär warb auch um Verständnis für den Beschluss, im Weltkirchenrat ein Konsensverfahren zu erproben, das Abstimmungen nach dem Mehrheitsprinzip weitgehend ersetzen soll. Dies sei kein Rückzug aus der ökumenischen Streitkultur und werde auch nicht zu einer «Selbstlähmung» des Rates führen. Ziel sei vielmehr, die Gemeinschaft von Kirchen auch in der Praxis der Entscheidungsfindung deutlich zu machen.

Die Orthodoxen fühlen sich im Weltkirchenrat von den anderen Kirchen bei Entscheidungen seit langem übergangen. Zudem sind sie skeptisch gegenüber der liberalen westlichen Theologie mit alternativen Gottesdienstformen und der Praxis der Frauenordination. Allerdings teilen auch nicht-orthodoxe Mitgliedskirchen die Kritik der Ostkirchen am ÖRK. Die römisch-katholische Kirche ist nicht Mitglied.