Bischöfin Käßmann zieht sich aus Weltkirchenrat zurück

Hannover (epd). Die hannoversche Landesbischöfin Margot Käßmann stellt ihre Mitarbeit im Ökumenischen Rat der Kirchen (ÖRK) ein. Nach der jüngsten Entscheidung des ÖRK-Zentralausschusses in Genf, künftig keine ökumenischen Gottesdienste mehr zu feiern, habe sie ihren Sitz als Delegierte der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) zurückgegeben, teilte die 44-Jährige am Mittwoch in Hannover mit.

Käßmann, die seit 19 Jahren in den höchsten Entscheidungsgremien des ÖRK mitarbeitet, erklärte: «Wenn nicht einmal ein gemeinsamer Gottesdienst ohne Abendmahl möglich ist, sehe ich nicht, wie die inhaltlichen Auseinandersetzungen getragen sein können.» Die neue Regelung, statt Gottesdienste nur noch  gemeinsame Gebete zu sprechen, war auf Wunsch der orthodoxen Kirchen zustande gekommen die sich von der protestantischen Theologie abgrenzen.

Die EKD-Delegation mit Auslandsbischof Rolf Koppe nahm die Entscheidung der Bischöfin «mit großem Bedauern» zur Kenntnis. Ihre Mitarbeit werde man sehr vermissen. «Für Ihr jahrzehntelanges Engagement als inspirierende Weggefährtin im ÖRK sind wir außerordentlich dankbar», hieß es.

Ihre Entscheidung erfülle sie selbst mit Trauer, sagte Käßmann, die seit drei Jahren Bischöfin der größten deutschen Landeskirche ist, dem epd: «Ich spüre aber auch einen gewissen Zorn, was den Verlust der gemeinsamen Gottesdienste angeht.» Sie habe das Gefühl, dass die Themen, die die Ökumene ausmachten, zunehmend an den Rand gedrängt werden. Dazu gehöre auch die Frauenordination. Sie stelle für die Orthodoxen «eine enorme Provokation» dar, sei aber Teil des lutherischen Amtsverständnisses.

Der ÖRK müsse sich fragen, wie er künftig auch der Theologie der lutherischen Kirchen gerecht werden wolle, sagte Käßmann weiter: «Es kann nicht sein, dass die evangelische Stimme nur noch in der Defensive steht.» Im ÖRK arbeiten 342 protestantische, orthodoxe, anglikanische und altkatholische Kirchen aus über 120 Ländern zusammen. Die römisch-katholische Kirche ist nicht Mitglied.

Auf die Mahnungen des ÖRK dürfe gerade in der globalisierten Welt nicht verzichtet werden, betonte Käßmann. Sie warnte jedoch davor, dass sich der Weltkirchenrat nur noch damit beschäftige, interne
Spannungen auszugleichen: «Damit büßt er seine weltweite sozial-ethische Vorreiterrolle ein.» Falls die Phase der «Lähmung» weitergehe, müsse über eine Neuorganisierung nachgedacht werden. Möglich sei eine konfessionelle Trennung, ohne den «Dialog miteinander auf Weltebene» aufzugeben. (08014/4.9.02)