EKD-Vizepräsident: Abgrenzungen der Reformationszeit überwinden

Hannover (epd). In der Debatte um eine Reform der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) hat der Vizepräsident des EKD-Kirchenamtes, Hermann Barth (Hannover), vor unnötigen theologischen Abgrenzungen im Protestantismus gewarnt. Die Strukturen der heutigen evangelischen Kirche müssten sich nicht mehr an den Grenzen der Glaubensbekenntnisse aus der Reformationszeit orientieren, heißt es in einer dem epd vorliegenden Stellungnahme, die Barth an die Leitenden Geistlichen und Leitenden Juristen der EKD-Mitgliedskirchen richtete. In der evangelischen Kirche wird eine Reform der vielfach als zu kompliziert empfundenen Strukturen diskutiert. Die Abschaffung der konfessionellen, nach Bekenntnissen geordneten großen Zusammenschlüsse könnte die Präsenz der EKD in der Öffentlichkeit stärken, so Reformbefürworter. Auch werden Spareffekte erwartet. Kritiker der Pläne befürchten jedoch, dass dadurch einzelne Glaubensbekenntnisse in ihrer Bedeutung verwässert werden. Die EKD sei weder lutherisch, noch reformiert, noch uniert, sondern als Gemeinschaft von aus der Reformation hervorgegangenen Kirchen eine besondere Größe, fügte Barth hinzu: «Das macht sie unter den Bedingungen fortdauernder Bekenntnisvielfalt zu einem weiterführenden Modell.» Die EKD-Mitgliedskirchen stimmten grundsätzlich im Verständnis des Evangeliums überein. Zudem benötige das Bekenntnis der Kirche immer wieder eine Aktualisierung. Barth wandte sich auch gegen einen Vorstoß des Leitenden Bischofs der Vereinigten Evangelisch-Lutherischen Kirche Deutschlands (VELKD), Hans Christian Knuth (Schleswig). Dieser hatte vorgeschlagen, die EKD in eine «Evangelische Kirche Augsburgischen Bekenntnisses» unter anderem mit reformiertem Zweig umzubilden. Das Augsburgische Bekenntnis von 1530 ist die grundlegende lutherische Bekenntnisschrift. Reformierte Christen beziehen sich in ihrer Tradition auf den Genfer Reformator Johannes Calvin (1509-1564). Beide Bekenntnisfamilien prägen neben den Freikirchen den weltweiten Protestantismus.