Scharfe Kritik an BGH-Urteil zu Schadenersatz für behindertes Kind

Berlin (epd). Das Urteil des Bundesgerichtshofes (BGH), wonach ein Arzt Schadenersatz für die Geburt eines behinderten Kindes zahlen muss, ist auf scharfe Kritik bei CDU/CSU, evangelischer Kirche und Behinderten gestoßen. Die Entscheidung mindere massiv den Lebensschutz für behinderte Ungeborene, sagte der stellvertretende Vorsitzende der Enquetekommission «Recht und Ethik der modernen Medizin», Hubert Hüppe (CDU), am Mittwoch in Berlin. Die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) bezeichnete das Urteil als «befremdlichen Vorgang». Der kirchenpolitische Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Hermann Kues (CDU), nannte das Urteil «lebensfeindlich» und ein «Signal in die falsche Richtung». Behindertes Leben dürfe nicht in ein materielles Denkschema gepresst werden. Der rechtspolitische Sprecher der Fraktion, Norbert Geis (CSU) erklärte, jetzt müsse die Schlussfolgerung gezogen werden, dass ein Arzt töten müsse, um nicht schadenersatzpflichtig zu werden. Die Aktion Lebensrecht forderte, es müsse eindeutig klar gestellt werden, dass Behinderung kein Grund zur Abtreibung sei. Der BGH hatte am Dienstag einem Elternpaar Recht gegeben, das eine Ärztin auf Unterhalt und Schadenersatz für ihr behindertes Kind verklagt hatte. Das Kind war mit schweren Fehlbildungen an Armen und Beinen zur Welt gekommen. Nach Ansicht der Richter hätte die Ärztin die Eltern während der Schwangerschaft über die Behinderung informieren müssen. Weil die Eltern sich dann nach eigenen Aussagen zu einer Abtreibung entschlossen hätten, sprach das Gericht den vollen Unterhalt für das Kind sowie ein Schmerzensgeld für die Mutter in Höhe von 10.000 Euro zu. Thüringens Justizminister Andreas Birkmann (CDU) kritisierte, die Gerichtsentscheidung sei ein «Verstoß gegen die Menschenwürde». Wenn ein Bundesgericht einen Menschen mit Behinderung als «Schadensfall» bezeichne, sei man von einer generellen Zustimmung zur Abtreibung behinderter Föten und Embryonen «nicht mehr weit entfernt», erklärte er in Erfurt. Eine solche Entscheidung sei behinderten Mitmenschen nicht zu vermitteln. Nach Ansicht von EKD-Sprecher Thomas Krüger gehört der Abtreibungsparagraph 218 «dringend auf den Prüfstand». Einzelne Regelungen wie die medizinische Indikation, die Abtreibungen bis unmittelbar vor der Geburt nicht unter Strafe stellt, seien unerträglich, sagte Krüger. So sehr die menschliche Tragödie, die sich hinter dem Einzelfall verberge, nachvollziehbar sei, dürfe menschliches Leben nicht als Schaden bewertet werden, erläuterte der EKD-Sprecher mit Blick auf das BGH-Urteil.