Letzte Männerbastion der evangelischen Kirche gefallen

Von Sandra Papendorf (epd). Stadthagen (epd). Die letzte Männerbastion der evangelischen Kirche in Deutschland ist jetzt gefallen. Erstmals arbeitet eine Frau als Gemeindepastorin mit allen Rechten in der Evangelisch-Lutherischen Landeskirche Schaumburg-Lippe. «Es war ein Kampf», sagt die 36-jährige Pastorin Antje Stoffels-Gröhl in Niederwöhren bei Stadthagen in Niedersachsen. Ihre Landeskirche lässt Frauen erst seit 1991 zum Pfarramt zu. Als Stoffels-Gröhl vier Jahre später dort als Pastorin arbeiten wollte, hieß es: «Wir haben keine Stelle für Sie frei.» Schaumburg-Lippe ist die letzte Landeskirche, in der bis vor einigen Wochen nur Männer als Gemeindepfarrer arbeiteten. Der ehemalige Landesbischof Joachim Heubach hatte die Frauen auf der Kanzel und am Altar bis zu seinem Ruhestand 1991 verhindert. Danach sorgte der Stellenmangel dafür, dass keine Frauen nachrückten. Das niedersächsische Schaumburg-Lippe ist eine der kleinsten Landeskirchen in Deutschland. Die erste Pastorin in der Geschichte der Landeskirche ist die 44-jährige Bärbel Krömer. Sie arbeitet seit 1992 überwiegend in Sonderpfarrämtern ohne Gemeinde wie dem Referat für kirchliche Kinderarbeit oder als Diakoniepastorin. In der Gemeinde war sie vier Jahre tätig. Anders als Stoffels-Gröhl durfte sie das Gemeindepfarramt nicht selbstständig ausüben. Bei Kirchenvorstands-Beschlüssen hatte sie kein Stimmrecht. Stoffels-Gröhl musste nach ihrem zweiten Examen 1995 sieben Jahre auf ihr Gemeindepfarramt warten. Zwei Jahre arbeitete die Theologin für ein halbes Gehalt als «Pastorale Mitarbeiterin» in Meerbeck bei Stadthagen. Sie unterrichtete stundenweise Religion, leitete für 630 Mark im Monat eine Frauengruppe und gab Konfirmandenunterricht. Von Seiten des Landeskirchenamts wurde ihr immer wieder gesagt: «Machen Sie sich keine Hoffnung auf eine feste Stelle.» Aber Stoffels-Gröhl hat dem Landeskirchenamt in Bückeburg signalisiert, dass sie als Gemeindepastorin arbeiten will. Motiviert haben sie die Menschen in ihrer Gemeinde. «Ich hatte dort eine ganz starke Lobby», sagt Stoffels-Gröhl. Eine «vollwertige Pastorin» sei sie in dieser Zeit nicht gewesen. Sie habe weder taufen noch Abendmahlsfeiern halten dürfen. Über ihre Kollegen sagt sie: «Ich bin eine Frau unter vielen Männern, und das spüre ich sehr deutlich.» Akzeptiert und ernst genommen werde sie. Aber während ihre Kollegen untereinander Männerfreundschaften schlössen und sich informell am Telefon austauschten, bleibe sie außen vor. Die meisten der 24 Landeskirchen in der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) hatten den Frauen das Pfarramt Ende der 60er und Anfang der 70er Jahre ermöglicht. Allerdings genossen Pastorinnen zunächst nicht die gleichen Rechte wie ihre männlichen Kollegen. So mussten die Frauen in vielen Landeskirchen noch lange Zeit bei Heirat und Schwangerschaft ihre Ämter niederlegen. In Bayern durften Pfarrer sich noch bis 1998 weigern, mit Frauen zusammenzuarbeiten. Inzwischen stellen Frauen ein Viertel der evangelischen Pastorenschaft in Deutschland.