Lehmann: Antisemitismus-Debatte nicht künstlich verlängern

Baden-Baden (epd). Der Vorsitzende der katholischen Deutschen Bischofskonferenz, Kardinal Karl Lehmann, hat sich für ein Ende der gegenwärtigen Antisemitismus-Debatte in Deutschland ausgesprochen. Diese «unsägliche Debatte» dürfe nicht künstlich verlängert werden, sagte Lehmann in einem Interview des Südwestrundfunks (Baden-Baden). Er habe den Eindruck, dass die Debatte selbst dazu beitrage, antisemitische Gefühle aufflackern zu lassen. Die Debatte war durch Angriffe des stellvertretenden FDP-Vorsitzenden Jürgen Möllemann auf den Vize-Präsidenten des Zentralrats der Juden, Michel Friedman, ausgelöst worden. Mit Blick auf Möllemann sagte Lehmann, dieser spiele mit dem Feuer. Antisemitische Stimmungen würden von manchen geschürt, weil sie meinten, dass es ihnen nütze. Es wäre besser, wenn sich Möllemann beim Zentralrat für seine Äußerungen entschuldigen würde. Das von der FDP geäußerte Bedauern sei im Grunde aber auch schon eine Entschuldigung. Der Kardinal verwies darauf, dass es «einen beträchtlichen Bodensatz der Abneigung gegen das jüdische Volk» gebe und immer gegeben habe. Allerdings werde der Begriff des Antisemitismus heute «in einer viel zu überzogenen Weise» gebraucht. Dieser stehe für eine «grundlegend judenfeindliche Haltung» und sei nicht identisch mit der Kritik an der israelischen Politik. Das deutsche Volk und die Kirchen hätten gegenüber Israel eine «immerwährende Verpflichtung», so Lehmann. Die Wurzeln antijüdischer Vorurteile müssten beseitigt werden. Die Kirchen arbeiteten seit Jahrzehnten für den Abbau dieser Vorurteile. Daher lasse er es sich nicht anhängen, «wir würden da zu wenig tun», sagte der Vorsitzende der Bischofskonferenz.