Zwei Kampagnen und zweimal überflüssiger Streit?

(idea). In der EKD gibt es zur Zeit wieder kräftigen Streit. Es geht um das “Jahr der Bibel 2003” und um die EKD-Image-Kampagne. Beide Aktionen sind nach Form und Inhalt sehr unterschiedlich. Mit beiden stellt sich aber die Kirche den Herausforderungen der Zeit. Die Kampagne will Menschen ins Gespräch über den Glauben ziehen und dafür einen weiten Rahmen öffnen. Das Bibeljahr soll deutlich machen, worin der Glaube der Christen gründet und wie er dem Leben der Menschen hilft. Insofern sind beide Aktionen aufeinander bezogen. Sie ergänzen sich gegenseitig. Es sind landesweite missionarische Aktivitäten. Darin liegt ihre Besonderheit. Sie muß auch die Kritik an den beiden Aktionen bestimmen. Die Kritik am Bibeljahr kommt aus einer Ecke, aus der man das nicht erwartet hätte, nämlich von Leuten, die sich selbst als besonders bibeltreu verstehen. Sie stört die Zusammenarbeit mit den Katholiken. Nun weiß ich selbst: Der Anspruch des päpstlichen Lehramts, über der Auslegung der Bibel zu wachen und dazu letztgültige Entscheidungen zu treffen, steht in krassem Widerspruch zu dem reformatorischen Schriftverständnis, wonach die Bibel sich selbst auslegt. Deshalb aber keine gemeinsame Bibelaktion? Da wird doch gerade die Chance vertan, die Widerständigkeit der Bibel gegen menschliche Domestizierungsversuche aufzuzeigen und die Freiheit evangelischen Glaubens in seiner Bindung an die Bibel sichtbar zu machen. Auch die Kritik an der EKD-Kampagne kam aus einer Richtung, mit deren Kritik niemand rechnen konnte. Die Wochenblätter in den Landeskirchen haben gegen die dialogische Form gewettert, daß Fragen gestellt und nicht Antworten platziert würden, daß zu sehr auf die Menschen zugegangen würde usw. Genau so ähnlich aber haben diese Kirchenblätter seit Jahren die Interessen der Kerngemeinden verfehlt und sich mit sinkenden Abonnentenzahlen an den Subventionstropf der Landeskirchen heruntergewirtschaftet. Was stört sie denn daran, wenn die EKD dieses Programm nun – allerdings in ganz anderer Qualität – dort einsetzt, wo allein es hingehört, nämlich in der kirchenfernen Öffentlichkeit, die die Kirchengebietspresse längst nicht mehr erreicht? Es stört wohl, daß die EKD selbst tut, was die Kirchengebietspresse seit Jahren versäumt. Sie hatte sich häufig genug als die fortschrittlichere Kirche präsentiert und Negativgefühle gegen Institution und Hierarchie gepflegt. Jetzt kommen diese mit einem Bischof an der Spitze und überholen sie. Darum die Kritik. Die Darstellung unserer Kirche und der biblischen Botschaft in den Kommunikationsstilen der medialen Massengesellschaft ist nicht leicht. Darum hat die EKD ihre Kampagne mit einer professionellen Agentur zusammen entwickelt. Relativ Ungewohntes ist dabei entstanden. Jetzt kommen die theologischen Sprachwächter und überziehen den Versuch mit ehrabschneiderischer Häme. Dürfen Theologen den Nichttheologen eigene Sprachversuche in Sachen des Glaubens und der Kirche einfach verbieten? Glauben denn diese Pfarrer und Professoren im Ernst daran, sie könnten das Publikum beeindrucken, wenn sie die Kirche öffentlich beschimpfen, der sie ihr monatliches Gehalt verdanken? Ich habe nichts gegen theologischen Streit über Bioethik, Rechtfertigungslehre, Homosexualität, Gemeindeaufbau usw. und werde mich auch künftig daran beteiligen. Aber mich empört zutiefst, wenn theologische Debatten die missionarische Arbeit diskreditieren, noch ehe sie richtig begonnen hat. Zu gegebener Zeit ist genaue Bilanz zu ziehen. Dann habe auch ich vielleicht ein paar Fragen. Bis dahin aber freue ich mich über beide Initiativen und bete für sie.   (Der Autor, Klaus Baschang (Karlsruhe), war Oberkirchenrat und Stellvertreter des badischen Landesbischofs) (idea)