Bundespräsident Rau: Globalisierung verantwortungsvoll gestalten

Berlin (epd). Bundespräsident Johannes Rau (SPD) hat zu einer verantwortungsvollen Gestaltung der Globalisierung aufgerufen. Die Globalisierung könne als Chance genutzt werden, wenn sie nicht als Schicksal hingenommen, sondern als politische Aufgabe ernst genommen werde, sagte Rau laut seinem vorab verbreiteten Manuskript am Montag in seiner dritten «Berliner Rede» im Museum für Kommunikation in Berlin. Er appellierte zugleich, die Verlierer der Globalisierung nicht an den Rand zu drängen. In seiner Ansprache unter dem Titel «Chance, nicht Schicksal - die Globalisierung politisch gestalten» vertrat der Bundespräsident die Ansicht, dass Menschen die Globalisierung «verändern, gestalten und in gute Bahnen lenken» könnten. Nichts führe automatisch ausschließlich zum Schlechteren oder zum Besseren. Als Richtschnur für die Gestaltung der Globalisierung nannte Rau die Werte Freiheit und Gerechtigkeit für den Einzelnen sowie für alle Staaten der Erde. Ausdrücklich würdigte Rau den Beitrag der Anti-Globalisierungsbewegungen zur Debatte. Lange habe es nicht mehr eine so breite, internationale Protestbewegung gegeben. Ihre Kritik sei «eine Art Frühwarnsystem». Allerdings kritisierte Rau, dass es bei Demonstrationen dieser Gruppe immer wieder zu Gewalt komme. «Vernünftige Kritiker und vernünftige Befürworter der Globalisierung stehen einander nicht unversöhnlich gegenüber», meinte der Bundespräsident. Rau sprach sich zwar für die Freiheit des Marktes aus, verurteilte aber die sozialen Unterschiede, die immer größer würden. Ein Kind in den Industrieländern konsumiere 50-mal so viel wie ein Kind in einem Entwicklungsland. Noch 1970 habe ein Manager in den USA 26-mal so viel verdient wie ein Industriearbeiter. 1999 sei es 475-mal so viel gewesen. Auch in Deutschland müsse über soziale Ungleichheit gesprochen werden, appellierte Rau. Denn wer sich als Verlierer der Globalisierung fühle, sei anfällig für Fundamentalismus und Extremismus. Rau forderte, eine Insolvenzordnung für Staaten aufzubauen. Dabei solle der Grundsatz gelten, die Geschädigten zu unterstützen und den «Gestrauchelten wieder aufzuhelfen». Zudem hielt er Instrumente für eine internationale Finanzmarktordnung für notwendig, ließ jedoch offen, ob die Tobin-Steuer die beste Möglichkeit sei. Auch im fairen Welthandel gebe es für den Einzelnen durchaus Spielraum. Den christlichen Kirchen dankte er für ihren Einsatz für den fairen Handel. Sie wirkten weltweit und gäben gleichzeitig den Menschen Heimat. Zudem sprach sich Rau für eine Stärkung der Vereinten Nationen aus. Ebenso plädierte er für eine weltweit anerkannte Rechtsordnung und internationale Gerichte.