100.000 Menschen bei Erfurter Trauerfeier

Erfurt (epd). Rund 100.000 Menschen haben am Freitag mit einer Trauerfeier und einem ökumenischen Gottesdienst auf dem Erfurter Domplatz an die Opfer des Amoklaufs vom 26. April erinnert. Die aus allen Teilen Deutschlands angereisten Menschen standen bei strömendem Regen bis in die Nebenstraßen. Viele Schüler des Gutenberg-Gymnasiums legten auf dem Platz Blumen nieder. Bundespräsident Johannes Rau warnte vor einer «Verrohung» der Gesellschaft und rief zu mehr Mitmenschlichkeit auf. Es dürfe niemand an den Punkt kommen, an dem er glaube, keine Zukunft mehr zu haben. Eine menschenfreundliche Gesellschaft lebe trotz des existierenden Konkurrenzkampfes von gegenseitiger Hilfe und der Solidarität mit den Schwachen, betonte Rau bei der zentralen Trauerfeier für die 17 Getöteten. Er wies auch auf die Verantwortung der Medien hin. Viele Sendungen seien zu stark von Gewalt bestimmt. Thüringens Ministerpräsident Bernhard Vogel (CDU) forderte die Menschen auf, nicht im Schmerz zu verharren. «Wir wissen, es gibt viel mehr Gemeinsamkeiten und Gemeinsinn, als wir vor einer Woche für möglich gehalten haben», betonte Vogel. «Erfurt darf nicht zum Synonym für eine schreckliche Bluttat werden. Von dieser Stadt geht auch Hoffnung aus»,sagte Vogel. Auch eine Schülerin der 12. Klasse des Gutenberg-Gymnasiums erinnerte in ihrer Rede an ihre getöteten Mitschüler und Lehrer. An der Trauerfeier, die auf die Stunde genau eine Woche nach dem Massaker von Erfurt begonnen hatte, nahmen neben Bundestagspräsident Wolfgang Thierse und Bundeskanzler Gerhard Schröder (beide SPD) fast alle Bundesminister und Ministerpräsidenten sowie die meisten Schüler und Lehrer des Gymnasiums sowie Delegationen seiner Partnerschulen teil. Der 19-jährige Amokläufer Robert Steinhäuser hatte am 26. April zwölf Lehrer, zwei Schüler, eine Sekretärin und einen Polizisten getötet und sich anschließend selbst erschossen. In dem ökumenischen Gottesdienst im Anschluss an die Trauerfeier rief der evangelische Thüringer Bischof Christoph Kähler die Menschen auf, ihren Mitmenschen gegenüber mehr Aufmerksamkeit zu schenken. Nur so könne «Wut und Enttäuschung, Zorn und Bitterkeit» überwunden werden. Zur Trauerfeier läuteten landesweit in Thüringen die Kirchenglocken.