Bundesverfassungsgericht bestätigt die Wehrpflicht

Karlsruhe (epd). Die allgemeine Wehrpflicht in Deutschland ist verfassungsgemäß. Das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe wies am Mittwoch eine Vorlage des Landgerichts Potsdam als nicht zulässig zurück, in der die Wehrpflicht als nicht mehr verfassungskonform bewertet worden war. Der Zweite Senat des höchsten deutschen Gerichts verwies außerdem darauf, dass die zuständigen politischen Instanzen zwischen der Wehrpflicht- oder einer Freiwilligenarmee entscheiden können. (Az.: 2 BvL 5/99) Ausgelöst wurde der Beschluss durch das Verfahren gegen einen Totalverweigerer vor dem Potsdamer Gericht. Der Jurastudent hatte neben dem Wehrdienst 1993 auch den Zivildienst verweigert. Zur Begründung gab er an, die veränderte Sicherheitslage und fehlende Wehrgerechtigkeit rechtfertigten einen so schwerwiegenden Eingriff in die persönliche Handlungsfreiheit nicht mehr. Das Potsdamer Gericht hatte sich der Argumentation angeschlossen: Die allgemeine Wehrpflicht sei unter den veränderten politischen Bedingungen nicht mehr verfassungskonform. Das Verfahren in Potsdam wurde bis zur Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts ausgesetzt. Nach Ansicht der Karlsruher Richter hat das Landgericht nicht ausreichend begründet, warum und von welchem Zeitpunkt an die Wehrpflicht verfassungswidrig geworden sein sollte. Zudem sei diese nicht von einer bestimmten sicherheitspolitischen Lage abhängig. Zu beachten seien auch die Bündnisverpflichtungen der Bundesrepublik. Da das Verfassungsgericht die Vereinbarkeit der allgemeinen Wehrpflicht mit dem Grundgesetz in ständiger Rechtsprechung bejaht habe, müssten an die Begründung einer erneuten Vorlage gesteigerte Anforderungen gestellt werden, so die Richter. Die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts über die Wehrpflicht ist bei Bundesregierung und Parteien sehr unterschiedlich aufgenommen worden. Während die CDU das Votum der Karlsruher Richter, die Wehrpflicht beizubehalten, begrüßte, betonte am Mittwoch in Berlin die FDP die Notwendigkeit, langfristig die Wehrpflicht abzuschaffen. Bundesfamilienministerin Christine Bergmann (SPD) zeigte sich erleichtert, dass der Zivildienst in der bestehenden Form aufrechterhalten werden kann. Der verteidigungspolitische Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Paul Breuer, sprach von einer «Bauchlandung erster Klasse für alle Gegner der allgemeinen Wehrpflicht». Das Bundesverfassungsgericht habe darauf hingewiesen, dass die Wehrpflicht nicht von der sicherheitspolitischen Lage abhängig sei. Allerdings müsse die Wehrpflicht in ein neues Gesamtverteidigungskonzept eingebunden werden, um die Aufgaben der Bundeswehr für die innere und äußere Sicherheit künftig erfüllen zu können, so Breuer. Die FDP hingegen plädierte weiterhin für eine Freiwilligenarmee. Das Verfassungsgericht habe lediglich entschieden, dass die Wehrpflicht juristisch zulässig sei, aber nicht, ob sie politisch sinnvoll sei, sagte FDP-Generalsekretärin Cornelia Pieper. Auch der Vorsitzende der FDP-Bundestagsfraktion, Wolfgang Gerhardt, wies darauf hin, dass die Wehrpflicht kein «allgemeingültiges ewiges Prinzip» sei. Das Bundesverfassungsgericht hatte am Mittwoch eine Entscheidung zur Wehrpflicht veröffentlicht. Darin heißt es, dass die Wehrpflicht nicht grundgesetzwidrig sei. Die Landesverteidigung sei jedoch ein so komplexes Thema, dass Gesetzgeber und Bundesregierung darüber entscheiden müssten.