Kirche: Streit um Zuwanderungsgesetz nicht im Wahlkampf!

B e r l i n / C o t t b u s / K a r l s r u h e / S t u t t g a r t (idea) – Evangelische Kirchenleiter sind besorgt, daß der Streit um das Zuwanderungsgesetz nach dem Abstimmungseklat im Bundesrat in den Bundestagswahlkampf gezogen wird. Ausländern drohe nun, “als Verschiebemasse für Wahlkampfzwecke mißbraucht zu werden”, erklärte der berlin-brandenburgische Bischof Wolfgang Huber (Berlin) am Rande der Tagung des Rates der EKD in Cottbus. Schon die uneinheitliche Abstimmung des Landes Brandenburg sei “ein Ergebnis der Instrumentalisierung des Themas für den Wahlkampf”, sagte Huber. Eine verfassungsrechtliche Wertung der Vorgänge in der Länderkammer stehe ihm allerdings nicht zu. Zum Eklat war es am 22. März gekommen, weil Brandenburgs Innenminister Jörg Schönbohm (CDU) im Gegensatz zu Ministerpräsident Manfred Stolpe (SPD) mit Nein votiert hatte. Bundesratspräsident Klaus Wowereit (SPD) hatte nach Nachfrage bei Stolpe, wie das Land abstimme, das Gesetz als beschlossen bezeichnet. Daraufhin sprachen Unionsvertreter von Verfassungsbruch und zogen aus der Kammer aus. CDU und CSU erwarten, daß Bundespräsident Johannes Rau das Zuwanderungsgesetz nicht unterschreibt; sonst wollen sie vor das Bundesverfassungsgericht ziehen. Einige Verfassungsrechtler, darunter Altbundespräsident Roman Herzog, sind der Meinung, daß das Gesetz nicht verfassungsgemäß zustande gekommen ist; andere Experten sehen dies anders. Der badische Landesbischof Ulrich Fischer mahnte: “Die Zustimmung zum Zuwanderungsgesetz darf jetzt nicht in verfassungsrechtlichen und politischen Streitigkeiten steckenbleiben.” Das Thema müsse im Interesse der Betroffenen aus dem Wahlkampf herausgehalten werden. Es sei dringend erforderlich, “schnellstens zu einer einvernehmlichen und menschlichen Lösung zu kommen”. Die Kirchen würden ihr Möglichstes tun, Zuwanderern zu helfen und sich für einen klare politische Regelung einzusetzen. Der Pressesprecher der EKD, Oberkirchenrat Thomas Krüger (Hannover), wertete die Zustimmung des Bundesrates an sich als positiv. Besorgt sei man nun um die politische Kultur. Für eine konkrete Einschätzung des Abstimmungsverhalten seien der EKD die Hintergründe zu unklar. Der Ratsvorsitzende, Präses Manfred Kock (Düsseldorf), hatte zuvor für ein Ja des Bundesrats geworben. Das Gesetz, das Anfang März den Bundestag passiert hatte, sei eine vernünftige Regelung für die seit Jahren bestehende Zuwanderung. Er hoffe, daß im Wahlkampf keine Ängste geschürt würden. Deutschland brauche ein Zuwanderungsgesetz, erklärte auch der württembergische Landesbischof Gerhard Maier (Stuttgart). Die Politik müsse endlich Rahmenbedingungen schaffen, um das Zusammenleben von Deutschen und Zuwanderern zu verbessern. Der Schutz von Opfern von Verfolgung, Krieg und Bürgerkrieg müsse erhalten bleiben. Maier verweist auf die biblische Tradition, dem Fremden besonderen Schutz zu gewähren. Gleichzeitig fordert er stärkere Integrationsbemühungen. Dabei komme auch den Kirchengemeinden eine wichtige Rolle zu.