St. Peter-Ording: Die Kirche im Strandkorb

Von Thomas Morell St. Peter-Ording (epd). Am Strand des Nordseebades St. Peter-Ording steht in diesem Jahr ein besonderer Strandkorb: Die evangelische und katholische Kirchengemeinde wollen erstmals gemeinsam Touristen am Strand ansprechen, Gutenacht-Geschichten erzählen und für die Urlauberseelsorge werben. Zu den Angeboten zählen Strandmeditationen zum Sonnenaufgang, Heilungsgottesdienste, Andachten unter dem Sternenhimmel und Seelsorge beim Zwiebelschälen. Mit der Karwoche beginnt im schleswig-holsteinischen St. Peter-Ording auch für die Urlauberseelsorge die Saison. Hauptattraktion ist der bis zu 2.000 Meter breite Sandstrand, der sich über zwölf Kilometer hinzieht. Doch im Sand war die Kirche bislang nicht präsent. «Wir wollen dorthin, wo die Menschen sich aufhalten», sagt Diakonin Andrea Streubier (35), Leiterin der evangelischen Urlauberseelsorge, zum neuen Kirchen-Strandkorb. Angesichts der kühlen Temperaturen müssen die Mitarbeiter für den Job im Strandkorb aber noch auf besseres Wetter warten. Im Urlaub seien viele Menschen neugierig auf etwas Neues und offener für die Kirche, weiß der katholische Pastoralreferent Michael Wrage (40). «Viele suchen dann Ruhe, Gebet und Stille.» Rund 50 Mitarbeiter sind in der Saison im Einsatz, die meisten arbeiten ehrenamtlich. Allein für die abendlichen Gute-Nacht-Geschichten wurden im vergangenen Jahr mehr als 7.000 Besucher gezählt. Streubier: «Viele Ältere fragen, ob sie auch ohne Kinder zuhören dürfen.» Künftig soll die Gute-Nacht-Geschichte auch am Strand erzählt werden. Doch der Urlaub als die «schönste Zeit des Jahres» erinnert viele Besucher auch an die unbewältigten Konflikte des Alltags. Die Hemmschwelle für seelsorgerliche Gespräche ist nach Beobachtungen Streubiers sehr hoch. In die «Sprechstunde im Amtszimmer» würde kaum jemand kommen. Stattdessen bietet die Diakonin Kochkurse an. Hier würden viele dann so offen über ihre Probleme reden, dass sie selbst manchmal erstaunt sei. «Zwiebelschneiden ist gut für Seelsorge-Gespräche.» Scheidung und Trennung sei das wichtigste Thema, aber auch Krankheit, Behinderung und das Leben mit Kindern. Als Angebot vor allem für die Kur- und Reha-Kliniken wurde im vergangenen Jahr erstmals ein ökumenischer Heil- und Salbungsgottesdienst gefeiert. Streubier: «Es fehlt an Räumen, wo wir unsere Ängste benennen können.» Nach den Fürbitten erhalten die Teilnehmer ein Kreuzeszeichen mit einem wohlriechenden Salb-Öl auf die Stirn. Es sei Aufgabe der Kirche, so Wrage, den Menschen Heil zuzusprechen. Die Abgrenzung zwischen Protestanten und Katholiken ist nach Überzeugung der beiden Gemeinden für Urlauber zweitrangig. So wird auch die katholische Fronleichnamsprozession am Strand von evangelischen Bläsern begleitet. Streubier: «Wir haben Lust auf das Verbindende.» Auch der Kirchen-Strandkorb wird von beiden Konfessionen gemeinsam gestaltet. Ob die beiden Seelsorger aber dort in Bikini und Badehose auf ihre Schäfchen warten, ist noch offen. Streubier: «Über die Berufskleidung müssen wir noch reden.»