"Woche für das Leben 2002": Kirchen warnen vor Selektion menschlichen Lebens

Frankfurt a.M. (epd). Die beiden großen Kirchen in Deutschland haben vor einer "Selektion" menschlichen Lebens in der Biomedizin gewarnt. Bei der gemeinsamen "Woche für das Leben" vom 13. bis 20. April werde in allen Kirchengemeinden über Gefährdungen des Lebens durch die so genannte Präimplantationsdiagnostik (PID), die Untersuchung künstlich erzeugter Embryonen auf Erbkrankheiten, diskutiert, erklärten der rheinische Präses Manfred Kock und der Mainzer Kardinal Karl Lehmann vor Journalisten in Frankfurt.

Erstmals in der Geschichte "scheint es möglich, dass sich der Mensch wie sein eigener Schöpfer aufführt", sagte Lehmann, der Vorsitzender der katholischen Deutschen Bischofskonferenz ist. Bestimmte Merkmale eines Kindes wie Geschlecht, Körpergröße und Augenfarbe könnten von den Eltern ausgesucht werden. Die überzähligen Embryonen würden aussortiert und damit getötet. Die in Deutschland noch nicht zugelassene PID sei "allein auf die Selektion von menschlichem Leben ausgerichtet", kritisierte der Kardinal.

"Der Schutz des Lebens ist eine zentrale Aufgabe aller Christen und ihrer Kirchen", betonte Kock, der Ratsvorsitzender der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) ist. Er wandte sich nachdrücklich gegen die Zulassung der PID in Deutschland, die in anderen europäischen Ländern wie Großbritannien und Belgien bereits erlaubt ist. Forschungen zur besseren Behandlung von schweren Krankheiten seien zu begrüßen, es gebe aber "kein Recht auf ein gesundes Kind, kein Recht auf Gesundheit".

Der EKD-Ratsvorsitzende appellierte an den Bundestag, den Import von embryonalen menschlichen Stammzellen zu Forschungszwecken strikt zu begrenzen. Der Parlamentsbeschluss von Ende Januar dürfe "nicht aufgeweicht werden", so Kock. Dies betreffe vor allem den Stichtag, ab welchem Tag der Gewinnung der Stammzellen sie importiert werden dürften. Lehmann fügte hinzu: "Unsere Sorge ist, dass hier eine Tür aufgemacht wird, die man nicht mehr schließen kann." Nötig sei eine wesentlich intensivere Forschung mit adulten (erwachsenen) Stammzellen, die ethisch unbedenklich sei.

"In unserer Leistungs- und Konsumgesellschaft besteht die Gefahr, dass kranke und behinderte Menschen zunehmend ausgegrenzt werden", hob Lehmann hervor. Behindertes Leben sei vielen nicht mehr viel wert. Eine humane Gesellschaft müsse sich aber "daran messen lassen, ob und wie weit sie solidarisch ist mit ihren kranken, behinderten und sterbenden Menschen", so der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz.

Die "Woche für das Leben" steht in diesem Jahr unter dem Motto "Von Anfang an das Leben wählen statt auszuwählen". Sie wird am 13. April feierlich in Erfurt eröffnet. Die Woche, die in allen kirchlichen Gemeinden, Verbänden, Werken und Bildungseinrichtungen begangen wird, war erstmals 1991 von der katholischen Kirche veranstaltet worden. Seit 1994 beteiligt sich auch die EKD.