CDU erinnert an ihre evangelische Wurzeln

Von Rainer Clos (epd) Berlin (epd). Christdemokratische Spitzenpolitiker werden am Samstag im westfälischen Siegen an die evangelischen Wurzeln der CDU erinnern. Parteichefin Angela Merkel, Ex-Kanzler Helmut Kohl, Landesparteichef Jürgen Rüttgers und der ehemalige Bundespräsident Roman Herzog führen die Unionsprominenz an, die sich in der einstmaligen Hochburg des Pietismus versammelt, um der Gründung des heutigen Evangelischen Arbeitskreises der CDU/CSU vor 50 Jahren zu gedenken. Es waren turbulente Zeiten, als sich am 14. März 1952 auf Initiative des damaligen Bundestagspräsidenten Hermann Ehlers rund 200 protestantische Unionsmitglieder in Siegen zu einer Arbeitstagung trafen. Wenige Tage zuvor wurde die Stalin-Note bekannt mit dem sowjetischen Angebot der deutschen Wiedervereinigung zum Preis der Neutralität. Diese Offerte sowie die heftige Auseinandersetzung in der evangelischen Kirche über den Kurs der Regierung Adenauer in der Frühzeit der Bundesrepublik lieferten die historische Folie für die Versammlung. Wortführer gegen Adenauers westorientierte Außen- und Wiederbewaffnungspolitik waren neben dem CDU-Mitbegründer Jakob Kaiser vor allem Gustav Heinemann, Präses der Synode der damals noch gesamtdeutschen EKD-Synode, und Hessens Kirchenpräsident Martin Niemöller. Beide Kirchenmänner argumentierten, die Westbindung vertiefe die Spaltung Deutschlands. Adenauer nutzte das Forum in Siegen und erteilte dem Angebot aus Moskau eine Absage. Oberkirchenrat Ehlers war zwar ebenfalls überzeugter Befürworter der Wiedervereinigung, zugleich stützte er aber Adenauers Integrationskurs und lehnte die von evangelisch-kirchlichen Kreisen favorisierte Neutralität ab. Neben dieser Auseinandersetzung um die Deutschlandpolitik war die Dominanz des politischen Katholizismus in der CDU ein maßgebliches Motiv für das Treffen. Die Sammlung evangelischer CDU-Repräsentanten wollte gleichermaßen den deutschen Protestantismus zur Mitarbeit in der Union ermuntern und das evangelische Element in der Partei gegen Konfessionalisierungstendenzen sichern. Ehlers Anliegen war ein doppeltes: Position gegenüber jenen Kräften in der evangelischen Kirche beziehen, die den CDU-Kurs attackierten, zugleich aber eine Klammer zwischen Union und Kirche herstellen. Mit Blick auf die Bundestagswahl 1953 ging es um Gewinnung der protestantischen Wählerschaft. Dass diese Strategie nicht ohne Erfolg blieb, zeigt der Ausgang der Wahl von 1953. Obwohl mit der «Gesamtdeutschen Volkspartei» eine von prominenten Protestanten wie Heinemann unterstützte politische Gruppe zur Wahl antrat, erreichte die Union in der evangelischen Wählerschaft einen starken Stimmenzuwachs. In diesem Jahr hatten sich auch die Protestanten der CSU dem EAK abgeschlossen. Dennoch wurde der EAK in der Unionsgeschichte nicht zu einem innerparteilichen Machtinstrument oder einer schlagkräftigen Mitgliederorganisation. Vielmehr bot er ein Forum, auf dem sich evangelische Köpfe in der CDU mit ihren Anstößen zur Wertediskussion und Rückkoppelung an das «C» profilieren konnten. Die illustre Liste reicht von Ehlers und Eugen Gerstenmaier über Gerhard Stoltenberg und Gerhard Schröder bis Roman Herzog und Richard von Weizsäcker, die der Union einen besonderen Stempel aufprägten. Vor dem Hintergrund anhaltender Säkularisierung der Bundesrepublik wurde dem EAK in den zurückliegenden Jahren von Beobachtern häufig ein abnehmender Stellenwert im Kräftefeld der CDU nachgesagt. Solcher Einschätzung widerspricht die stellvertretende EAK-Vorsitzende Christine Lieberknecht. Gerade angesichts der aktuellen Debatten über die Bioethik und Wertefragen befinde sich die evangelische CDU-Vereinigung im Aufwind und sei gefragt wie lange nicht mehr, so die ostdeutsche Unionspolitikerin.