Expertenanhörung: Stammzellen-Gesetz bleibt weiter umstritten

Berlin (epd). Das Gesetz zum Import embryonaler Stammzellen bleibt in Einzelpunkten umstritten. Dies zeigte sich bei einer Anhörung von Sachverständigen vor den Fachausschüssen im Bundestag, zu der am Montag Rechtswissenschaftler, Mediziner und Ethiker geladen waren. Nach dem interfraktionellen Entwurf soll die ethisch umstrittene Einfuhr embryonaler Stammzellen grundsätzlich verboten bleiben und nur in begrenzten Ausnahmefällen ermöglicht werden. So soll nur die Einfuhr von Stammzellen oder Stammzelllinien erlaubt werden, die vor dem 1. Januar 2002 gewonnen wurden. Mehrere Experten aus der Wissenschaft waren für flexiblere Einfuhrbedingungen und äußerten sich skeptisch zu der restriktiven Stichtagsregelung. Dies könnte nach ihrer Darstellung zur Folge haben, dass deutschen Forschern künftig im Ausland gewonnene Zelllinien mit besserer Eignung für die Forschung vorenthalten blieben. Zwar sei das Potenzial der embryonalen Stammzelllinien für die Grundlagenforschung ausreichend, so Bärbel Friedrich von der Deutschen Forschungsgemeinschaft. Der vorgesehene Stichtag würde jedoch deren therapeutische Anwendung erheblich einschränken. Die Mehrzahl der registrierten rund 70 Stammzelllinien stünden nach Einschätzung von Peter Gruss vom Göttinger Max-Planck-Institut für biophysikalische Chemie in Göttingen für die Forschung nicht zur Verfügung. Vor diesem Hintergrund regte er eine Änderung der Stichtagsregelung an. Danach sollte der Import vor Stammzellen zulässig sein, die sechs Monate vor der Antragstellung bestanden. Ähnlich äußerte sich Rüdiger Wolfrum vom Heidelberger Max-Planck- Institut für ausländisches öffentliches Recht und Völkerrecht. Auch er befürwortete einen flexiblen Stichtag. Hingegen unterstützte der frühere Präsident des Bundesverfassungsgerichts, Ernst Benda, den im Gesetzentwurf gewählten Stichtag. Dafür gebe es vertretbare Erwägungen, die nicht willkürlich seien. Der Sprecher der CDU in der Enquetekommission des Bundestages, Werner Lensing, folgerte aus den Expertenvoten, der Gesetzentwurf sei nicht nur verfassungskonform, sondern auch ausgewogen und praktikabel. Einige Stellungnahmen zielten jedoch darauf ab, die Umsetzung des Bundestags-Beschlusses zur Stammzellforschung generell zu unterlaufen. Dagegen sah sich die FDP-Politikerin Ulrike Flach in ihrer Kritik an der Stichtagsregelung bestätigt. Wenn das Stammzellgesetz wie geplant verabschiedet werde, gebe es in absehbarer Zeit keine Stammzellforschung, die zur Entwicklung von Therapien geeignet sei, erklärte die Vorsitzende des Forschungsausschusses. Sie plädierte zudem für eine Straffung des Genehmigungsverfahrens. Für Nachbesserungen am Gesetzentwurf sprachen sich die Bundesärztekammer und die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) aus. Otmar Kloiber von der Bundesärztekammer setzte sich dafür ein, die Voraussetzungen für die Zulässigkeit des Stammzellimports stärker einzugrenzen. Dies gelte etwa für die Forschungsziele. Auch an der Zustimmung der Eltern müsse festgehalten werden. Die EKD bemängelte in ihrer Stellungnahme das Übergewicht von Naturwissenschaftlern in der Zentralen Ethikkommission. Deren Rolle bei der Bewertung der ethischen Vertretbarkeit von Forschungsvorhaben im Genehmigungsprozess müsse gestärkt werden. Zentrale Vorgaben der der Bundestagsentscheidung vom 30. Januar würden in dem Gesetzentwurf nicht umgesetzt, so die EKD. Bei der Umsetzung der geplanten Regelung bestehe die Gefahr, dass das Vertrauen in Forschung und Politik schweren Schaden leide. Ihre grundsätzlichen ethischen Vorbehalte gegen den Stammzellen-Import bekräftigte die katholische Kirche.