Wie die Kirche auch künftig im Dorf bleibt

idea-Logo H a n n o v e r (idea) – Die EKD will die Kirche auch künftig im Dorf lassen. Um eine kirchliche Grundversorgung auf dem Land zu sichern, ist eine Neustrukturierung der Arbeit unerlässlich. So heißt es in einer neuen Publikation unter dem Titel „Wandeln und gestalten“, die das EKD-Kirchenamt am 18. Januar in Hannover veröffentlicht hat.

In der 80-seitigen Broschüre geht es um die Frage, wie die Kirche ihren Missionsauftrag in ländlichen Räumen erfüllen kann – trotz Abwanderung und Überalterung der Bevölkerung in vielen Regionen. In manchen Bereichen Deutschlands habe eine neue Wanderungsbewegung eingesetzt, schreibt der EKD-Ratsvorsitzende, Bischof Wolfgang Huber (Berlin), im Vorwort. Demographische Veränderungen ergriffen auch ländliche Gegenden. Sie seien auch stark vom wirtschaftlichen Strukturwandel betroffen. Besonders dramatisch habe man solche Veränderungen in den letzten Jahren in ostdeutschen Landeskirchen gespürt. Der Wandel sei jedoch nicht nur eine Herausforderung, sondern auch eine Chance für kirchliche Arbeit. „Allerdings muss sie wahrgenommen und gestaltet und nicht nur beklagt oder erlitten werden“, schreibt Huber. Er hofft, dass sich Kirchenvorstände, Kreissynoden und Pfarrkonvente mit dem Text befassen: „Denn für die Zukunft unserer Kirche hängt viel daran, ob und wie sie ‚Land gewinnt’.“ Die Publikation wurde im Auftrag des Rates der EKD von einer Arbeitsgruppe unter der Leitung von Bischof Martin Hein (Kassel) erarbeitet.

Dorfkirchen erhalten

Dem Papier zufolge muss es das Ziel aller Bemühungen sein, das Entstehen kirchlicher Brachlandschaften zu verhindern. Der Erhaltung der Dorfkirchen sei dabei von zentraler Bedeutung. Es gelte, lokale Kräfte für deren Erhaltung zu mobilisieren, etwa Kirchbau-Vereine. Alle anderen kirchlichen Gebäude sollten verkauft bzw. umgenutzt werden, wenn sie sich finanziell nicht weitgehend selber tragen. Nicht mehr benötigte Pfarrhäuser könne man etwa an ehrenamtliche Mitarbeiter als Form der Anerkennung vermieten. Um die kirchliche Präsenz vor Ort zu gewährleisten, seien regelmäßige Gottesdienste wichtig. Sie müssten aber nicht jede Woche und nicht notwendigerweise am Sonntag stattfinden. Ziel müsse es ferner sein, zunehmend Lektoren und Prädikanten in die Arbeit einzubeziehen.

Worauf sich Pfarrer konzentrieren müssen Für Hauptamtliche auf dem Land, insbesondere Pfarrerinnen und Pfarrer, wird sich die Arbeit deutlich verändern, heißt es. Ihre Tätigkeit werde sich darauf konzentrieren, ehrenamtliche Mitarbeiter zu qualifizieren, Amtshandlungen und die zentralen Gottesdienste im Kirchenjahr zu gestalten. Eine Betreuung von Gemeindekreisen vor Ort durch Pfarrer könne es nicht mehr geben. Der Konfirmandenunterricht finde für mehrere Dörfer an einem zentralen Ort statt. Das EKD-Papier regt an, in den Regionen „Gemeindenetze“ aus bisher unabhängigen Gemeinden zu schaffen. Diesen Netzwerkgemeinden, denen auch die Pfarrstellen zugeordnet werden sollen, sollen von einem zentralen Gremium geleitet werden. Dies diene der strukturellen Verschlankung und der Bündelung von Kompetenzen, so das Papier. Eine kirchliche Entwicklungschance in ländlichen Gebieten biete auch die Ansiedlung geistlicher Zentren, etwa von Kommunitäten. Sie könnten „eine überregionale kirchliche Ausstrahlungskraft und missionarische Wirkung entfalten“. Nach Ansicht der EKD ist es für die weitere Entwicklung der Kirche in ländlichen Räumen entscheidend, dass sich ein innerkirchlicher Mentalitätswechsel bei den Mitarbeitern vollzieht – „weg von der depressiven Grundstimmung hin zu einer hoffnungsvollen, zukunftorientierten Aufbruchstimmung“. Das Ziel der kirchlichen Arbeit bestehe nicht in der Selbsterhaltung gewachsener kirchlicher Strukturen, sondern in der bestmöglichen Verkündigung des Evangeliums an alle Menschen.

18. Janaur 2007

Quelle: idea


EKD will kirchliche Wachstumschancen auf dem Land stärken

Frankfurt a.M. (epd). Die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) will die kirchliche Arbeit in ländlichen Regionen stärken. Durch Konzentration, flexiblere Strukturen und neue Arbeitsformen müsse dafür gesorgt werden, dass auch in Zukunft die Kirche dort ihrem missionarischen Auftrag gerecht werde, empfiehlt die EKD in einem am Donnerstag in Hannover veröffentlichten Papier. Einem "Rückzug aus der Fläche" wird darin ebenso eine Absage erteilt wie einer "ängstlichen Besitzstandswahrung". Für die Zukunft der Kirche hänge viel davon ab, "ob und wie sie 'Land gewinnt'", schreibt der EKD-Ratsvorsitzende Wolfgang Huber im Vorwort.

Der Text unter dem Titel "Wandeln und gestalten" richtet sich Huber zufolge an Landeskirchen, Kirchenvorstände, Kreissynoden und Pfarrkonvente. Rückläufige Zahlen und größer werdende kirchliche Arbeitsgebiete erforderten gerade in Ostdeutschland neue Konzepte. Angesichts von Strukturwandel und demographischen Veränderungen in den ländlichen Gebieten könnten die Empfehlungen bei den anstehenden Entscheidungen helfen. Die Publikation, die an das im vergangenen Jahr vorgelegte EKD-Impulspapier "Kirche der Freiheit" anknüpft, wurde von einer Arbeitsgruppe unter Vorsitz von Bischof Martin Hein (Kassel) erarbeitet.

In dem Text wird betont, dass wegen der Verschiedenheit ländlicher Gebiete unterschiedliche Strategien nötig seien. So seien manche Regionen auf dem Land während der Woche "pastoral überversorgt", wenn Kinder an anderen Orten Schulen besuchen und Erwachsene zu auswärtigen Arbeitsplätzen pendeln. Zugleich gebe es touristische Gebiete mit kleiner Einwohnerzahl, die während der Urlaubssaison unterbesetzt sind. Wegen der Nähe zu den Menschen müssten deshalb kirchliche Strukturen überprüft werden, heißt es.

Einen zentralen Stellenwert wird in dem EKD-Text ansprechenden und einladenen Gottesdiensten sowie der Verknüpfung von kirchlicher Religiosität und Festkultur beigemessen. Die Qualität der Gottesdienste und Amtshandlungen wie Taufe, Konfirmation, Trauung und Beerdigung sei maßgeblich für das Bild der Kirche bei distanzierten Mitgliedern oder Konfessionslosen. Erhaltung und Pflege der Kirchen in Dörfern und kleinen Städten, mit denen sich viele Menschen biografisch identifizierten, erfordere besondere Anstrengungen. Über die Nutzung für Gottesdienste und Gemeindeveranstaltungen hinaus hätten sie einen hohen "Symbolwert".

Weiter empfiehlt die EKD, das freiwillige Engagement in den Kirchengemeinden zu fördern. In kirchlich schwächeren Gebieten dürften ehren- und hauptamtliche Mitarbeiter nicht durch überkommene Arbeitsstrukturen verschlissen werden. In diesem Zusammenhang wird vorgeschlagen, die kirchliche Arbeit an verschiedenen Orten zu vernetzen und zentrale Kompetenzen auf diese Netzwerke zu übertragen. So könnten verschiedene Netzwerkgemeinden ihre Fähigkeiten bündeln und gemeinsame Veranstaltungen organisieren.

Kirche trage mit ihrer Arbeit wesentlich zur Entwicklung ländlicher Regionen bei, wird in dem Papier formuliert. Über die Kernaufgaben hinaus geschehe dies durch bürgerschaftliches Engagement, soziale Integration, lokale Bildungseinrichtungen, Kindergärten und diakonische Angebote. Gerade angesichts des gesellschaftlichen Relevanzverlustes der Kirche müsse diese Rolle selbstbewusst wahrgenommen werden.

18. Januar 2007

Quelle: epd

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