Erinnerung an die Opfer der Seefahrt

Bischof Huber: Zivile Seefahrt braucht zentrale Gedenkstätte

Von Thomas Morell (epd)

Lübeck (epd). Tausende von deutschen Seeleuten haben auf den Meeren ihr Leben gelassen - jetzt sollen sie einen Erinnerungsort bekommen. In der Lübecker Seefahrerkirche St. Jakobi entsteht derzeit die Nationale Gedenkstätte für die zivile Seefahrt. Auch im modernen Medien-Zeitalter seien für die Trauer reale Räume notwendig, sagte der EKD-Ratsvorsitzende und Berliner Bischof Wolfgang Huber, als er am Donnerstagabend St. Jakobi besuchte. In einer Seitenkapelle der historischen Stadtkirche liegt das lädierte Rettungsboot des Segelschulschiffes "Pamir", das am 21. September 1957 unterging.

50 Jahre nach dem Untergang der "Pamir" hat St. Jakobi große Pläne: Im Januar haben die Umbauarbeiten für die bundesweit erste Urnen-Grabkammer in einer Kirche begonnen. Bis Ostern soll das so genannte Kolumbarium in einem Kellergewölbe fertig sein. Bis zu 350 Urnenplätze für verstorbene Seeleute und Menschen mit Bezug zur Seefahrt entstehen hier. Weil die Kirche auch ein Zeichen gegen anonyme Bestattungen setzen will, tragen alle Urnengräber einen Namen. Zugleich wird für eine Million Euro der Turm saniert.

Im Herbst soll eine Ausstellung eröffnet werden, die an die "Pamir" erinnert und zugleich den Blick auf die moderne Seefahrt richtet. Nach ersten Plänen können hier Wetterdaten abgerufen und über das Internet Verbindungen zu den Orten der Schiffskatastrophen hergestellt werden. Die Romantik der alten Seefahrt werde mit den Herausforderungen der modernen Seefahrt verbunden, so Björn Engholm, ehemaliger Ministerpräsident von Schleswig-Holstein und heute Förderer von St. Jakobi.

Finanziell unterstützt wird das Projekt vom Verband der Deutschen Reeder. Die Schiffstechnik sei heute unvergleichlich viel besser als früher, so der Verbandsvorsitzende Frank Leonhardt. Demgegenüber seien Verkehrsdichte und Geschwindigkeit auf See stark gestiegen. Darüber hinaus habe aufgrund des Klimawandels die Zahl der Orkane zugenommen. Das Leben auf See sei also auch heute keineswegs frei von Gefahren.

Doch die Gemeinde will mehr sein als ein Treffpunkt für Freunde der Seefahrt. Für Gemeindepastor Lutz Jedeck ist das brüchige Rettungsboot auch ein Symbol, dass im Leben nicht immer alles glatt läuft. "Schiffbruch" kenne schließlich jeder. So hat die Gemeinde eine City-Seelsorge aufgebaut, wo Menschen für das "Schiff des Lebens" neue Orientierung bekommen. St. Jakobi sei kein "trauriger Ort", sagte Gemeindepastorin Kathrin Jedeck. Wer angesichts der "Pamir" die Zerbrechlichkeit des Lebens sehe, brauche die Verlässlichkeit durch Gott. So soll in dem Kirchenschiff in der Nähe des "Pamir"-Bootes mit Hilfe einer Glaswand eine neue Kapelle für neue Formen des Gemeindelebens entstehen.

Die neue Gedenkstätte könne insbesondere junge Menschen ansprechen, sagte Huber. Die 81 Opfer des Schiffsunglücks seien überwiegend junge Männer gewesen. Nur sechs Besatzungsmitglieder überlebten. Die "Pamir" war südwestlich der Azoren in einen Hurrikan geraten und gesunken. 1958 war die Pamir-Kapelle zur Erinnerung an die Opfer eingerichtet worden.

09. Februar 2007

Kirche St Jacobi zu Lübeck

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