Fürbitte und Gedenken: Gottesdienste zum Tag der bedrängten und verfolgten Christen

Der Kirchenpräsident der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau, Volker Jung, hat sich entsetzt über die Ermordung von syrischen Christen durch die Terrorgruppe "Islamischer Staat" (IS) gezeigt. In einem Gottesdienst in Darmstadt rief Jung dazu auf, "alles dafür zu tun, dass Religionsfreiheit weltweit gewährleistet wird". Er warb zugleich dafür, in Deutschland stärker für ein friedliches Miteinander der Religionen einzutreten.

Für den zweiten Sonntag in der Passionszeit (Sonntag Reminiszere) hatte die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) dazu aufgerufen, besonders für die Christen zu beten, die wegen ihres Glaubens bedrängt und verfolgt werden. Nach einem Bericht der beiden großen Kirchen zur Religionsfreiheit in der Welt droht vor allem den Christen im Mittleren Osten und in Nordafrika Gefahr.

Bei den jüngsten Mordanschlägen des IS in der Provinz Hassaka im Nordosten Syriens waren mindestens 15 Christen getötet und vermutlich über 300 verschleppt worden. "Wir beten für unsere Schwestern und Brüder", sagte Jung, der auch Vorsitzender der Kammer für Migration und Integration der EKD ist. Zugleich müssten die politisch Verantwortlichen weltweit beraten, was getan werden könne, "um diesem Wüten Einhalt zu gebieten". Die friedlich in Deutschland lebenden Muslime dürften keinesfalls in Verbindung mit den IS-Taten gebracht werden, sagte der Kirchenpräsident.

In der Marktkirche in Hannover predigte die Botschafterin des Rates der EKD zum Reformationsjubiläum 2017, Margot Käßmann, zum Sonntag Reminiszere. Die ehemalige hannoversche Landesbischöfin hat die Menschen dazu ermutigt, mit mehr Gottvertrauen gegen das Böse in der Welt anzugehen. Wer an die Überwindung des Bösen glaube, gelte angesichts von Gewalt und Terror als naiv. "Allein die Bilder der sogenannten IS-Kämpfer, die irrsinnig Menschen ermorden und Kulturdenkmäler zerstören, zeigen die Fratze des Bösen." Sie vermittelten das Gefühl, dem Teufel direkt ins Gesicht zu schauen.

Die Theologin betonte, dass sie auch keine besseren Antworten habe als andere. Ihr imponiere aber die biblische Wegweisung, das Böse durch das Gute zu überwinden: "Immer wieder wird klar, dass die Herzen und Überzeugungen der Menschen berührt, ja gewonnen werden müssen, wenn sich etwas ändern soll." Gerade die Deutschen dürften nicht vergessen, wie verführbar der Mensch zum Bösen sei, unterstrich die frühere EKD-Ratsvorsitzende mit Blick auf die Judenverfolgung im Nationalsozialismus. Auch hier sei das Böse greifbar gewesen, sagte Käßmann.

Schuld und Verbrechen in der deutschen Geschichte thematisierte auch der Bischof der Evangelischen Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz, Markus Dröge. Er hat an den Völkermord an den Armeniern vor 100 Jahren erinnert. "Wir sehen uns in der Verantwortung, dafür zu sorgen, dass der Genozid am armenischen Volk nicht vergessen oder gar geleugnet wird", sagte er in der Berliner St. Marienkirche. "Denn Deutsche waren daran mitbeteiligt."

Am 24. April jährt sich der Beginn des Massenmordes an den Armeniern im Osmanischen Reich zum 100. Mal. Die Türkei weigert sich bis heute, die Verbrechen, denen 1915/16 bis zu eine Million Menschen zum Opfer fielen, als Völkermord anzuerkennen. Deutschland und das Osmanische Reich waren im Ersten Weltkrieg Verbündete. Vor einem Jahrhundert seien den europäischen Großmächten, allen voran dem deutschen Kaiserreich, die eigenen Interessen wichtiger gewesen "als der Aufschrei für Menschen, die zu Millionen fliehen und ihr Leben lassen mussten", sagte Dröge im Beisein von Erzbischof Karekin Bekdjian, Primas der deutschen Diözese der Armenischen Apostolischen Kirche.

epd/ekd.de

02. März 2015