Beim Weltgebetstag der Frauen stehen in diesem Jahr die Bahamas im Fokus

Nassau (Bahamas)/Stuttgart (epd). Sie schwärmt von der wunderschönen Natur, den unzähligen Sonnenstunden und der Herzlichkeit ihrer Landsleute. Dass ihre Heimat, die Bahamas, sechs Millionen Touristen im Jahr anlocken, wundert die quirlige Ordensschwester Annie Thompson deshalb nicht. Dennoch freut sie sich sehr, dass die 700 Inseln zwischen den USA, Kuba und Haiti am 6. März im Mittelpunkt des Weltgebetstages der Frauen stehen.

Obwohl die Bahamaer sich das diesjährige Motto "Begreift ihr meine Liebe?" nicht aussuchen konnten, findet die Benediktinerin es sehr passend: "Gott hat es mit den Menschen aus den Bahamas sehr gut gemeint. Wir sind ein kleines, aber gesegnetes Land. Und oft vergessen wir das." Die Bahamas sind das reichste karibische Land und gehören zu den hoch entwickelten Ländern weltweit. Auf Bildung wird sehr viel Wert gelegt: 95 Prozent aller Inselbewohner können lesen und schreiben.

Doch es gibt auch Schattenseiten, von denen das Mitglied des Bahamaischen Weltgebetstagskomitee bei seinem Besuch in Stuttgart erzählt: Die Bahamas sind wirtschaftlich extrem abhängig vom Ausland und vom Tourismus. Nicht nur für die schönen Strände, auch für illegale Finanz-Transaktionen und Drogenhandel ist das Land bekannt. Immer mehr Flüchtlinge aus Haiti kommen mit Schleusern übers Meer auf die Bahamas, wo sie oft alles andere als willkommen sind.

Außerdem ist HIV und Aids ein großes Problem, geschätzte drei Prozent der 15- bis 49-Jährigen seien mit dem Virus infiziert. "In den letzten Jahrzehnten waren es noch viel mehr. Aber durch Aufklärung und Medikamente konnte die Zahlen der Infizierten reduziert werden", sagt Thompson, die in der Hauptstadt der Bahamas, in Nassau, lebt.

Dort setzte sich die 73-Jährige viele Jahre beruflich als Lehrerin und Schulleiterin für benachteiligte Kinder ein. Besonders am Herzen liegen ihr die schwangeren, minderjährigen Mädchen "Etwa jede vierte Mutter auf den Bahamas ist jünger als 18 Jahre, viele wurden wegen Vergewaltigung, Inzest, oder einer sehr frühen sexuellen Beziehung schwanger." Leider verließen diese Mädchen oft die Schule, erzählt Thompson auf breitem, amerikanischen Englisch. Doch es gebe ein Programm, in dem Teenagermütter betreut würden und die Möglichkeit hätten, einen Schulabschluss nachzuholen.

In Nassau steht die Benediktinerin einem Konvent von elf Nonnen vor. Sie freue sich, dass ihr kleines Land mit einer Bevölkerung von nur 370.000 Menschen am ersten Freitag im März so viele Christen rund um den Globus interessiere. Denn dann feiern zahlreiche Menschen in über 170 Ländern mit einer Liturgie aus den Bahamas den Weltgebetstag, erfahren mehr über den Inselstaat und beten für die Menschen dort.

Thompson schätzt am Weltgebetstag, dass er eine überkonfessionelle Bewegung ist. "Viele Menschen auf den Bahamas sind sehr gläubig, es gibt viele verschiedene Kirchen", sagt die Ordensschwester. Über 90 Prozent der Bevölkerung auf dem karibischen Inselstaat gehören einer Kirche an, die größten Kirchen sind die protestantische, römisch-katholische und anglikanische.

"Auch ich wuchs in einer ökumenischen Atmosphäre auf", erinnert sich Schwester Annie mit einem versonnenen Lächeln. "Ich selbst war Methodistin, aber wir wohnten als Familie direkt neben einer Baptistenkirche. Deshalb kenne ich die Hymnen der Baptisten von Kindheit auf und liebe sie bis heute. Als ich neun Jahre alt war, konvertierte mein Vater und damit unsere ganze Familie zum Katholizismus." Doch egal, welche Konfession: Gospelmusik ist bei der schwarzen Bevölkerung der Bahamas sehr beliebt, sagt Thompson.

Auf den Bahamas selbst ist der Weltgebetstag hauptsächlich in der Hauptstadt Nassau und Umgebung bekannt, aber die bahamaischen Frauen des Komitees versuchen ihn auch auf den anderen Inseln bekanntzumachen. Doch das ist nicht so einfach und auch nicht billig, wenn man nur mit dem Flugzeug oder einem Schiff zu den anderen Inseln kommt.

Judith Kubitscheck (epd)

10. Februar 2015

Weitere epd-Meldungen