Kirchenpräsident Jung: Kirche muss Gesellschaft mitgestalten

Frankfurt a.M. (epd). Der hessen-nassauische Kirchenpräsident Volker Jung hat das gesellschaftspolitische Engagement der Kirche verteidigt. Die christliche Botschaft fordere dazu auf, "die Gesellschaft mitzugestalten" und den Blick auf die Menschen am Rand zu richten, sagte Jung in der Sendung "Horizonte" des Hessischen Rundfunks, die am Karfreitag ausgestrahlt wird. Die christliche Botschaft enthalte immer einen "konkreten Weltbezug" und sei keine "Botschaft der Innerlichkeit". Wer das Evangelium ernst nehme, müsse den Blick auch auf "den Geringsten" werfen. Dies seien Maßstäbe, nach denen sich beispielsweise auch eine Wirtschaftsordnung befragen lassen müsse.

Die "Horizonte"-Sendung am Karfreitag, die bereits am 11. April aufgezeichnet wurde, hat das Thema "Politprediger oder Seelsorger: Wie politisch darf die Kirche sein?" Kirchenpräsident Jung diskutiert darin mit der SPD-Politikerin und dem Beiratsmitglied der religionskritischen Giordano-Bruno-Stiftung, Ingrid Matthäus-Maier, und dem ehemaligen Chef-Volkswirt der Deutschen Bank, Thomas Mayer.

Der Theologe verteidigte dabei auch das historisch gewachsene Staat-Kirche-Verhältnis sowie das Prinzip der Subsidiariät, wonach der Staat gesellschaftliche Organisationen so ausstatten muss, dass sie etwa Schulen, Kindergärten oder Pflegeheime betreiben können. "Die Kirche ist ein zivilgesellschaftlicher Akteur unter anderen", aber mit dem besonderen Auftrag, möglichst gute Lebensbedingungen für alle Menschen zu schaffen. "Danach zu fragen, ob es gerecht in einer Gesellschaft zugeht, ist sehr wohl Kern christlicher Botschaft", betonte Jung.

Matthäus-Maier warf den Kirchen vor, "zu sehr mit dem Staat verbandelt zu sein". In manchen Regionen wie etwa im Rheinland seien sie gar "Monopolanbieter" von Kitaplätzen und Krankenhausbetten. Die zahlreichen Privilegien wie etwa der staatliche Kirchensteuereinzug oder die Besoldung von Bischöfen aus Steuertöpfen seien angesichts des Mitgliederschwunds nicht mehr zeitgemäß, kritisierte die frühere Bundespolitikerin.

Mayer berichtete, dass er wegen der "Verweltlichung der Kirche" und ihrer Stellungnahmen zu finanzpolitischen Fragen erst kürzlich aus der evangelischen Kirche ausgetreten sei. Damit sei er aber kein Atheist geworden. Die christliche Botschaft liege ihm nach wie vor am Herzen. Als Vorbild führte Mayer die Kirchen in den USA an, die sich politisch zurückhielten, aber bei der Auslegung der Bibel in einem knallharten Wettbewerb stünden.

Die "Horizonte"-Sendung "Politprediger oder Seelsorger: Wie politisch darf die Kirche sein?" wird am Karfreitag, 18. April, um 9.45 Uhr im Hessenfernsehen ausgestrahlt.

16. April 2014

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