Vor 75 Jahren verschleppten die Nazis fast 11.000 jüdische Männer ins KZ Dachau

Christlich-Jüdisches Gedenken mit der Pogromnacht-Zeitzeugin Ruth Meros, Regionalbischöfin Susanne Breit-Keßler und Kantor Nikola David

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08. November 2013

Am Sonntag, 10. November, 11 Uhr, wird zum 75. Jahrestag der Novemberpogrome in der Evangelischen Versöhnungskirche auf dem Gelände der KZ-Gedenkstätte Dachau an die Opfer der sogenannten "Reichskristallnacht" erinnert. Im Anschluss tragen Regionalbischöfin Susanne Breit-Keßler und Ernst Grube, KZ-Überlebender und Vizepräsident der Lagergemeinschaft Dachau, die im Gottesdienst für Holocaust-Opfer entzündeten Kerzen zur benachbarten Jüdischen Gedenkstätte, in der Kantor Nikola David (Augsburg/Berlin) ein jüdisches Gedenkgebet vorträgt.

In der Pogromnacht vom 9./10. November 1938 zerstörten die Nationalsozialisten hunderte Synagogen sowie jüdische Geschäfte und Wohnungen und verschleppten ab dem 10. November 1938 etwa 30.000 jüdische Männer in Konzentrationslager, fast 11.000 davon nach Dachau. Einer von ihnen war Emil Goldschmidt aus München. Seine Tochter Ruth Meros (91) berichtet im Rahmen des Gedenkgottesdienstes von ihren Erinnerungen an die Verhaftung des Vaters und an die brennende Synagoge Ohel Jakob. Pfarrer Walter Joelsen (87) spricht über seine Erfahrungen in der NS-Zeit und danach; der Protestant wurde wegen der jüdischen Herkunft seines Vaters verfolgt.

Im Gedenkgottesdienst für die Opfer der Novemberpogrome erinnert Regionalbischöfin Susanne Breit-Keßler auch an das weitgehende Versagen der Kirche angesichts der Shoah.

Die musikalische Gestaltung mit Werken der Auschwitz-Überlebenden Rachel Knobler übernimmt Bogusława Hubisz-Sielska (Bratsche) von der Musikakademie in Krakau. Der jüdische Kantor Nikola David trägt Psalm 103 vor. Bei der Gestaltung des Gottesdienstes wirken auch Björn Mensing, Landeskirchlicher Beauftragter für evangelische Gedenkstättenarbeit und Pfarrer der Versöhnungskirche, sowie Pater Klaus Spiegel von der Katholischen Seelsorge an der KZ-Gedenkstätte Dachau mit.
 
Zum gemeinsamen Gedenken kommen zahlreiche Ehrengäste: Der Landesverband der Israelitischen Kultusgemeinden in Bayern ist durch seine Geschäftsführerin Karin Offman vertreten. Berthold Goerdeler, dessen Eltern im KZ Dachau in "Sippenhaft" waren, vertritt die Stiftung 20. Juli 1944. Der DGB wird vom bayerischen Landesvorsitzenden Matthias Jena repräsentiert. Aus dem bayerischen Landtag kommen Ludwig Hartmann, Fraktionsvorsitzender von Bündnis 90 / Die Grünen, sowie die Abgeordneten Martin Güll (SPD) und Bernhard Seidenath (CSU). Die Wittelsbacher, von denen einige Familienmitglieder in KZ Dachau in "Sippenhaft" waren, werden von den Prinzen Wolfgang und Richard von Bayern repräsentiert. Für die DKP kommt deren Münchner Sprecher Leo Mayer. Die KZ-Gedenkstätte Dachau ist durch die Leiterin Gabriele Hammermann repräsentiert.
 
Nach dem Gottesdienst führt der Künstler Wolfram P. Kastner in seine Ausstellung „Schick-sal (un)bekannt“ mit Porträts von 18 Münchner Holocaust-Opfern ein. Einige von ihnen wurden im November 1938 ins KZ Dachau verschleppt. Die Ausstellung wird bis zum 8. Dezember 2013 in Dachau gezeigt.

Gottesdienst, jüdisches Gebet und Vernissage sind öffentlich. Der Gottesdienst findet im beheizten Gesprächsraum der Versöhnungskirche statt.

Evangelische Versöhnungskirche in der KZ-Gedenkstätte Dachau
Alte Römerstr. 87
D-85221 Dachau

www.versoehnungskirche-dachau.de