Bibel, Badehose, Bergschuh: Urlaubsseelsorge mit Meeresrauschen und Gipfelglück

„Freizeitorientierte kirchliche Arbeit“ im europäischen Ausland ist bei Pfälzer Pfarrern beliebt

Evangelische Kirche der Pfalz

04. Juli 2013

Speyer (lk). Im Gepäck haben sie die Bibel, Badesachen und Bergschuhe. Ihre Reiseziele klingen nach Meeresrauschen und Gipfelglück. 143 Urlaubsseelsorger schickt die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) in diesem Sommer wieder ins europäische Ausland zwischen Rhodos und Rømø. Sie halten Andachten auf Almen und an der Algarve, in Gemeindezentren und in Kirchen, selbst katholischen. Auch Pfarrer und Prädikanten aus der Pfalz arbeiten zur Ferienzeit da, wo andere Urlaub machen – einige von ihnen schon seit vielen Jahren. Ökumenedezernet Manfred Sutter freut sich, dass die pfälzische Landeskirche dank ihrer Urlaubsseelsorger im europäischen Ausland präsent ist. „Im Urlaub kommen die Menschen vielleicht eher zum Nachdenken über Glaubensfragen als in der Alltagshektik.“

Urlaubsseelsorge bedeute Chancen und Möglichkeiten „freizeitorientierter kirchlicher Arbeit im ökumenischen Kontext“ und gebe neue Impulse für die Heimatgemeinde, heißt es bei der EKD. Einer der Reisenden aus der Pfalz ist Pfarrer Johann Mergl. Der Bad Dürkheimer Krankenhausseelsorger betreut im August auf Rhodos außer Urlaubern auch die kleine evangelische Gemeinde der griechischen Insel. Er hält wöchentliche Gottesdienste in deutscher Sprache und ist Ansprechpartner für alle, die Fragen zu Gott und der Welt haben. Ehefrau Elvira ist „für die Werbung zuständig“: Flyer verteilen, Ankündigungsplakate anbringen, mit dem Tourismusbüro Kontakt halten. In diesem Jahr sind Mergl und seine Frau gleich drei Mal in Sachen Urlaubsseelsorge unterwegs: Im Frühjahr waren sie in Ungarn, im Herbst bricht Mergl zur Bordseelsorge auf dem Kreuzfahrtschiff „MS Amadea“ auf.

Pfarrer Sascha Müller, bei der Evangelischen Arbeitsstelle Bildung und Gesellschaft u.a. für den ländlichen Raum zuständig, zieht es hingegen erneut in die Alpen, genauer gesagt in die Südtiroler Bergwelt. Er wohnt mit seiner Familie auf dem Hof von Bauer Isidor Unterthiner im Bergdorf Latzfons und hält in Brixen und im rund dreißig Kilometer entfernten Bruneck Gottesdienste. Er freut sich auf die Begegnungen mit den Urlaubern, aber auch mit den dortigen evangelischen Gemeindemitgliedern. „Es ist spannend, zu erfahren, wie es sich als Protestant in der Diaspora lebt.“ Die evangelische Kirche in Brixen – 39 Sitzplätze, 41 Gesangbücher – habe im Schatten des Domes keinen leichten Stand. Familie Müller – Vater, Mutter, zwei Kinder – will wie schon beim letzten Mal im Stall und beim Heuen helfen und überhaupt Anteil am bäuerlich-ländlichen Leben nehmen. Sonntags allerdings wird dafür nicht viel Zeit sein: Müller predigt um 10 Uhr in Brixen und um 18 Uhr in Bruneck.

Der Neustadter Pfarrer Oliver Beckmann, der mit seiner Familie Anfang August nach Lofer im Salzburgerland aufbricht, fühlt sich in den Bergen „dem Himmel näher“. An seiner Aufgabe reizt ihn auch, dass er Einblicke in andere Gemeindesituationen gewinne. Es sei beeindruckend, wie groß der Zusammenhalt unter den etwa fünf Prozent Protestanten der Gemeinde Lofer sei. Beckmann ist zum dritten Mal als Urlaubsseelsorger unterwegs und hat die Erfahrung gemacht, dass bei vielen Touristen „die Anonymität das Herz öffnet, auch über persönliche Dinge zu reden“. Außer Bibel, Gesangbuch und Talar nimmt er noch das Buch „Ursinus erzählt“ von Michael Landgraf mit. Darüber komme er auch mit niederländischen Touristen ins Gespräch, denn ihnen sei Ursinus, der den Heidelberger Katechismus verfasst hat, gut bekannt. Neben den Gottesdiensten bietet Beckmann Kirchencafés an und will auch die Camper besuchen. Höhepunkt seines Urlaubs aber werden möglicherweise die zwei Tage sein, die er auf der Alm verbringen will. Denn der 42-Jährige hat einen Traum: in den nächsten zehn Jahren will er einmal für längere Zeit als Senner arbeiten.

Hinweis: Bei Urlaubsseelsorge handelt es sich um eine nebenamtliche Tätigkeit. Interessenten müssen sich bei der EKD darum bewerben und erhalten auf Antrag von ihrer Landeskirche die Hälfte der Einsatzzeit als Sonderurlaub. An ihrem Einsatzort müssen sie regelmäßige Gottesdienste und eine weitere Veranstaltung pro Woche anbieten. Die EKD veranstaltet jeweils im Frühjahr Vorbereitungstagungen. Für Kreuzfahrtseelsorge sind nach EKD-Angaben zusätzlich rund 70 Seelsorger im Einsatz. Mehr zum Thema unter

www.ekd.de/international/tourismus/.

4. Juli 2013

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