Tourismusexperte: Kirchentouristen kommen immer wieder

Hannover/Celle (epd). Wer als Tourist eine Kirche besucht, ist einer Studie zufolge der Institution Kirche gegenüber weitgehend positiv aufgeschlossen. Die Hoffnung mancher Gemeinden, sie könnten mit geöffneten Kirchen religiös Fernstehende erreichen, habe sich bei der Untersuchung in der Evangelisch-lutherischen Landeskirche Hannovers nicht bewahrheitet, sagte der Diakoniewissenschaftler Ralf Hoburg im epd-Gespräch.

"Es kommen vor allem die, die sowieso schon ein Interesse haben. Die allerdings sind Wiederholungstäter", erläuterte der Professor der Fachhochschule Hannover die Ergebnisse seiner Studie. Mehr als die Hälfte der Befragten habe angegeben, während des vergangenen Monats eine Kirche besucht zu haben.

Hoburg hat nach eigenen Angaben erstmals in Deutschland erforscht, welche Motive Touristen oder Einheimische abseits von Gottesdiensten in die Kirchen zieht. Bisher gibt es dem Professor zufolge kaum Zahlen darüber, wie viele Alltagsbesucher die Kirchen verzeichnen. Ein Interesse lässt sich aber auch abseits von Attraktionen wie dem katholischen Kölner Dom mit jährlich rund sechs Millionen Besuchern beobachten. In Lüneburg errechneten Studenten, dass in einem Jahr mehr als 320.000 Gäste die drei Innenstadtkirchen besichtigten.

Im Vordergrund stehe bei mehr als jedem dritten Besucher ein kulturhistorisches Interesse, sagte Hoburg. Sie sähen in dem Gebäude vor allem ein Zeugnis der Vergangenheit. "Noch ist das Bewusstsein, dass dort auch Gottesdienste gefeiert werden da. Ich vermute aber, dass es in großen Kirchen wie der Dresdner Frauenkirche allmählich verloren gehen wird."

Nach den Daten hat etwa jeder fünfte Kirchenbesucher auch religiöse Motive. "Sie suchen Andacht, Spiritualität und die Möglichkeit zum Gebet. Es gibt eine solide Volksfrömmigkeit abseits der Institution Kirche." Selbst bei spontanen Besuchen, bleiben die Menschen Hoburg zufolge oft bis zu einer halben Stunde. "Das ist eine Unterbrechung des Alltags, selbst für diejenigen, die keine religiösen Motive haben."

Für seine Untersuchung hat Hoburg in 18 ausgewählten Kirchen in Niedersachsen Besucher befragt, unter ihnen die Marktkirche in Hannover und die Stadtkirche in Celle, aber auch ländliche Regionen wie Worpswede bei Bremen. In den Kirchen solle es Ansprechpartner für die Gäste geben, die sich aber nicht aufdrängen sollten, lautet sein Tipp. "Da kommen Neugierige, die haben Interesse, wollen aber nicht gleich mit Glaubensfragen überfrachtet werden." Für Kirchengemeinden ergeben sich nach der Befragung durchaus Chancen: Die Bereitschaft zu spenden ist hoch, und jeder Zweite ist bereit, sogar Eintritt zu bezahlen.

09. März 2011

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