erlassjahr.de fordert Insolvenzverfahren für arme Länder

Berlin (epd). Das entwicklungspolitische Bündnis erlassjahr.de und die Kindernothilfe haben ein internationales Insolvenzverfahren für überschuldete Länder gefordert. Wie Unternehmen und Privatpersonen in Deutschland müssten auch verschuldete Länder die Chance für einen Neuanfang bekommen, sagte der politische Koordinator von erlassjahr.de, Jürgen Kaiser, am Dienstag in Berlin. Beide Organisationen wollen den Angaben zufolge erreichen, dass solch ein Schiedsverfahren beim G20-Gipfel im November in Paris beraten wird.

Die in der Mehrzahl von Kirchen und kirchlichen Einrichtungen getragene Initiative erlassjahr.de und die Kindernothilfe stellten am Dienstag ihren dritten gemeinsamen Schuldenreport vor. Demnach waren in den Jahren 2008 und 2009 weltweit insgesamt rund 60 Länder überschuldet, 18 seien aktuell gefährdet. In dem Bericht gelten solche Länder als kritisch verschuldet, deren Schuldenstand im Missverhältnis zum Bruttoinlandsprodukt oder den jährlichen Exporteinnahmen steht.

Die betroffenen Staaten lassen sich nach Kaisers Angaben in drei Gruppen ordnen. So seien arme Länder teilweise wieder überschuldet, die bereits Ende der 90er Jahre wegen ihrer hohen Rückstände von Weltbank und Währungsfonds einen Teil der Schulden erlassen bekommen hatten. Zudem seien kleine Inselstaaten und vermehrt Staaten der ehemaligen Sowjetunion betroffen.

Die Entwicklung der ehemaligen "Heavily Indebted Poor Countries" (deutsch: schwer verschuldete arme Länder) verdeutliche, dass das Problem der Überschuldung einer strukturellen Lösung bedarf, sagte Kaiser weiter. "Solange es Auslandskredite als Instrument der Entwicklungshilfe gibt, wird es Staatsinsolvenzen geben." Trotzdem seien Kredite notwendig, wenn damit verantwortungsvoll umgegangen werde, betonte Kaiser.

Die parlamentarische Staatssekretärin im Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit, Gudrun Kopp (FDP), betonte, dass Präventionsarbeit in diesem Bereich wichtig sei. So seien zum einen Geber aufgefordert, verantwortlich Kredite zu vergeben, während die Nehmer zum anderen verantwortungsvoll mit den Mitteln umgehen müssten.

Sie machte den Initiativen Hoffnung, dass ein internationales Insolvenzverfahren für Staaten beim G20-Treffen behandelt wird. Faire Verfahren setzten aber auch die Bereitschaft zur Transparenz auf beiden Seiten voraus, bei Kreditgebern und den Regierungen der überschuldeten Länder, betonte Kopp. Für Länder ohne gute Regierungsführung wie zum Beispiel Simbabwe bleibe eine Lösung des Schuldenproblems daher auch "schwierig", wenn ein solches Verfahren durchgesetzt würde.

22. Februar 2011

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