"Insider" mit Visionen


Drei kompetente Kandidaten bewerben sich um das Amt des hessen-nassauischen Kirchenpräsidenten

Von Dieter Schneberger (epd)


Frankfurt a.M. (epd). Der neue oberste Geistliche in der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau wird ein Mann sein, der seine Kirche aus dem Effeff kennt und sie nach innen und außen profilieren wird. Das wurde am Donnerstagabend in Frankfurt am Main bei der ersten öffentlichen Podiumsdiskussion der drei Kandidaten Wolfgang Gern (57), Volker Jung (48) und Sigurd Rink (47) deutlich.

Dass der hessen-nassauische Diakoniechef Gern den Kochlöffel nicht schwingen kann, der Lauterbacher Dekan Jung die Töne nicht richtig trifft und der südnassauische Propst Rink nur schwer die Balance zwischen Beruf und Familie findet, werteten die rund 130 Besucher im Medienhaus auch weniger als Schwächen, denn als sympathisches "Menscheln". Im Zentrum standen Fragen nach dem Programm und der Theologie der Kandidaten.

Alle drei wollen die Kirche nach innen befrieden und nach außen ihr Profil schärfen. Der innerkirchliche Reformprozess der vergangenen Jahre habe zwischen Gemeinden, Kirchenleitung und Verwaltung sehr viel Misstrauen gesät, sagte Gern. Deshalb müsse eine neue "Geisteskultur der Ermutigung und der Wertschätzung" entstehen.

Auch Jung, der sich als "Teamplayer" bezeichnet, möchte zur Vertrauensbildung zwischen Gemeinden, Dekanaten und Kirchenleitung beitragen. Wichtig ist ihm auch, dass die Kirche öffentlich mit "klaren evangelischen Positionen" aufwartet, etwa bei der Bioethik und der aktiven Sterbehilfe. "Herzensanliegen" von Sigurd Rink ist die Rekrutierung des Theologen-Nachwuchses. Zwischen 2017 und 2027 gingen 1.000 Pfarrer in Ruhestand. Es sei allerhöchste Zeit, junge Menschen für das Theologiestudium zu begeistern.

Die drei Kandidaten antworteten auf die Fragen des Chefredakteurs der "Evangelischen Sonntags-Zeitung", Wolfgang Weissgerber, routiniert und schlagfertig. Nur bei der Frage, ob denn die "Niemöller-Kirche" künftig von einem Kirchenpräsidenten oder einem Bischof geführt werden solle, werden Unterschiede sichtbar. Rink favorisiert die württembergische Lösung, wonach der oberste Geistliche nach innen als Präsident und nach außen als Bischof auftreten kann. Gern und Jung stellen klar, dass die Bezeichnung zweitrangig sei. Priorität besitze die kollegiale Leitungsstruktur in der Landeskirche mit dem obersten Geistlichen als "Erster unter Gleichen".

Schwer tun sich die Bewerber mit der Frage, wie die Kirche künftig ihre Baulast schultern sollte. Kirchen seien für Evangelische zwar keine 'heiligen Räume', aber Gebäude, mit denen sich die Mitglieder sehr stark identifizierten, sagte Rink. Die Umnutzung als Restaurant komme deshalb überhaupt nicht infrage. Beim Thema Fusion mit der kurhessischen Landeskirche traten die Kandidaten auf die Bremse. "Wir sollten dort zusammengehen, wo es sinnvoll ist wie etwa bei der Religionspädagogik, uns aber nicht von der grassierenden Fusionitis anstecken lassen", empfiehlt Gern.

Klar wird auch, dass sich die rund 1,8 Millionen Kirchenmitglieder in Hessen und Teilen von Rheinland-Pfalz auf einen Mann mit Durchsetzungsvermögen und Visionen freuen dürfen. Der Nachfolger von Kirchenpräsident Peter Steinacker (64) soll am 27. September in Frankfurt vom "Kirchenparlament" gewählt werden. Dabei können weitere Kandidaten benannt werden. Die achtjährige Amtszeit des neuen Kirchenpräsidenten beginnt am 1. Januar 2009.

22. August 2008

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