Menschenrechtler: Kritische Bilanz der Olympischen Spiele

Göttingen (epd). Die Olympischen Spiele haben die Menschenrechtslage in China nach Ansicht der Gesellschaft für bedrohte Völker teilweise weiter verschärft. "Die Spiele haben die Volksrepublik nicht liberaler werden lassen", sagte der Asienexperte der Organisation, Ulrich Delius, am Freitag in Göttingen. Keines der Versprechen, die Peking vor den Wettkämpfen in Blick auf die Menschenrechte gemacht habe, sei erfüllt worden. Den Uiguren und Tibetern drohe nach Olympia sogar noch eine schärfere Verfolgung. Die Olympischen Spiele gehen an diesem Sonntag zu Ende.

Besorgniserregend ist Delius zufolge vor allem die Situation in Xinjiang, der Heimat der rund neun Millionen muslimischen Uiguren. Dort müsse nach dem Ende der Spiele mit Massenverhaftungen und neuen Hinrichtungen gerechnet werden. Nach Anschlägen in den Städten Kashgar und Kuqa seien Hunderte Häuser und Wohnungen von Sicherheitskräften durchsucht und zahlreiche Uiguren verhaftet worden. Im benachbarten Tibet hätten chinesische Sicherheitskräfte während der Spiele Tausende buddhistische Mönche und Nonnen daran gehindert, ihre Klöster zu verlassen.

Die Menschenrechtsorganisation kritisierte zudem, dass China während der Spiele weder öffentliche Proteste zugelassen noch Journalisten Informationsfreiheit gewährt habe. Mit der Einrichtung sogenannter "Protestzonen" sei die Öffentlichkeit gezielt getäuscht worden. Die meisten der rund 80 Antragsteller, die ihren Protest mindestens fünf Tage vorher anmelden mussten, hätten wegen massiver Einschüchterung von ihrem Recht keinen Gebrauch gemacht, sagte Delius.

Auch das Internationale Olympische Komitee (IOC) und die Sponsoren der Spiele hätten versagt, erklärte Delius. "Hilflos hat das IOC zugesehen, wie die chinesische Führung die Olympischen Spiele für politische Zwecke missbraucht hat." So habe die Kommunistische Partei den Fackellauf in Xinjiang und Tibet genutzt, um ihren Machtanspruch über die Regionen zu bekräftigen.

22. August 2008

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