EKD-Beauftragte warnt vor Eskalation in Debatte über Kunstfreiheit

Frankfurt a.M. (epd). Die evangelische Kulturbeauftragte Petra Bahr ist besorgt über Skandalisierungstendenzen in der Debatte über den Umgang von Kunst mit der Religion und wirbt für mehr Nachdenklichkeit. Die "neue Lust" an der Eskalation verschärfe die Konflikte in einer multireligiösen Gesellschaft, warnt die Theologin in dem Magazin "zeitzeichen" (August-Ausgabe). Bahr bezieht sich dabei auf die öffentlichen Debatten über die Mohammed-Karikaturen, die Cartoonserie "Popetown" oder das umstrittene "Ferkel"-Kinderbuch.

Forderungen nach Verboten oder einer Verschärfung des Gotteslästerungs-Paragrafen erteilt sie eine Absage. Dies könne in Zensur enden: "Zensur aber ist die größte Gefahr der Freiheit." Stattdessen empfiehlt sie eine offene Debatte über das, was gehe. Dabei käme es aber auf Argumente an.

Im Zentrum dieser Konfliktfälle stehe das verletzte religiöse Gefühl. In den Debatten über die Grenzen von Kunstfreiheit im Hinblick auf Religion träten diese Gefühle als "kollektive Erregungszustände" auf, argumentiert die Beauftragte der Evangelischen Kirche in Deutschland: "Es reicht der Hinweis auf die beleidigte Seele, und schon ist der Skandal da."

Vermengt werden diese Konflikte Bahr zufolge zunehmend mit der Kategorie Ehre. Wenn Ehre von Gruppen und Gemeinschaften reklamiert werde, fördere dies Mechanismen wie Beleidigung und Gegenbeleidigung, Kränkung und Gegenkränkung. Bisher nähmen diejenigen, die ihre Ehre verletzt sehen, ihre Genugtuung nur selten selbst in die Hand: "Mordanschläge und Drohungen sind der Ausnahmefall." Wie sehr allerdings Angst und Vorwegnahme möglicher Folgen das Handeln bestimmten, zeige der Fall der Islamwissenschaftlerin Christine Schirrmacher. Deren Rede über den politischen Islam in Europa sei gar nicht erst gehalten worden, weil muslimische Funktionäre sie unterbinden ließen.


31. Juli 2008

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