Handel statt Hilfsgelder - Von den G-8-Staaten fordern viele Afrikaner vor allem faire Wirtschaftsbedingungen

Nairobi (epd). In den grünen Hügeln im Westen Ruandas ist der G-8-Gipfel, der an diesem Mittwoch in Heiligendamm beginnt, weit weg. Mit gezielten Hieben ihrer Machete erntet Asteria Bavugamaneshi Zuckerrohr, das sie vor nicht einmal einem Jahr gemeinsam mit Frauen aus ihrem Dorf angepflanzt hat. Bezahlt haben sie das mit einem Mikrokredit. "Die Plantage haben wir selber finanziert. Jetzt ist es mir egal, ob die reichen Länder uns mehr Hilfen geben oder nicht - das ist doch alles Gerede", sagt die 31-Jährige.

Tausende solcher Mikrokredit-Projekte sind alleine in Ruanda in den vergangenen Jahren entstanden. Für Aktivisten wie Brian Kagoro, den Afrika-Direktor von "ActionAid" in Nairobi, sind sie ein Symbol dafür, wie Afrika sich in den vergangenen zwanzig Jahren verändert hat.

"Afrika, das sind nicht mehr hungernde Kinder mit aufgeblähten Bäuchen", wettert Kagoro gegen das aus seiner Sicht immer noch vorherrschende Afrika-Bild in den Industrieländern. "Die Wirtschaft in Afrika ist im vergangenen Jahr um mehr als fünf Prozent gewachsen, und das zum dritten Mal in Folge." Kagoro bestreitet nicht, dass Krieg, Hunger und Elend immer noch weit verbreitet sind. "Aber das kann man nicht mit ein paar Millionen Euro mehr Hilfe flicken - die Industriestaaten müssen endlich bereit sein, Afrika Wachstum zu erlauben."

Dazu gehören für Ruthpearl Nganga von der afrikanischen Entwicklungsorganisation ACORD vor allem faire Bedingungen im weltweiten Handelssystem. "Während die Reichen der Welt über die Aufstockung der Entwicklungshilfe im Promillebereich diskutieren, arbeiten sie daran, Afrika noch abhängiger von ihnen zu machen." Die Europäischen Partnerschaftsabkommen, die ab kommendem Jahr gelten sollen, seien das beste Beispiel dafür: "Die EU zwingt die ärmsten Staaten der Welt, ihre Grenzen für hoch subventionierte EU-Produkte zu öffnen - trotz katastrophaler Folgen für die dortige Wirtschaft", kritisiert Nganga.

Transnationalen Konzernen wirft Nganga vor, Afrika ohne Rücksicht auf Sitte und Gesetz auszubeuten wie einst die Kolonialisten. Im Kongo etwa, wo die Lage seit den Wahlen im vergangenen Herbst vergleichsweise stabil ist, kaufen Holzfirmen Konzessionen direkt von Dorfchefs. 20 Sack Zucker, 200 Sack Salz, ein paar Macheten und Hacken ließ sich ein Konzern die Einschlagrechte in einem unberührten Stück Regenwald am Maringa-Fluss kosten, außerdem sollen drei Schulen und drei Krankenstationen errichtet werden. Gesamtwert der Geschenke: 15.000 Euro. So viel bringen auf dem europäischen Markt zwei bis drei der Tropenbäume, von denen es im Maringa-Gebiet Tausende gibt.

"Die G-8-Staaten haben bei ihrem Gipfel 2005 in Gleneagles zwar versprochen, die in Afrika investierenden Unternehmen zur Einhaltung ethischer Standards zu verpflichten", erinnert "ActionAid"-Sprecher Eric Mgendi. Doch passiert sei nichts. Das ohnehin geringe Vertrauen in medienwirksame Versprechungen der reichen Acht, so Mgendi, sei in Afrika deshalb inzwischen auf Null zurückgegangen. Ohnehin richten sich die Augen der Regierenden mehr und mehr nach Osten: 2008 wird Chinas Exportkreditagentur erstmals der größte Geber in Afrika sein, während die G-8-Staaten ihre Entwicklungshilfen im Jahr 2006 weiter reduziert haben.

05. Juni 2007

 

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