Rat der EKD erlebt im Heiligen Land Wechselbad von Bedrückung und Hoffnung

Jerusalem (epd). Sechs Tage lang hat der Rat der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) mit einer rund 40-köpfigen Delegation das Heilige Land bereist. Erstmals war das gesamte Leitungsgremium der EKD gemeinsam für längere Zeit unterwegs - für den Ratsvorsitzenden Wolfgang Huber ein Zeichen, wie wichtig und ernst die deutschen Protestanten die Situation in Israel und Palästina nehmen: "Mit heißem Herzen haben wir teilgenommen an dem Leid, das im Heiligen Land unübersehbar ist", sagte er zum Abschluss der Reise.

Die schwierige Mission stand unter dem Leitwort Begegnungsreise - es war keine Pilgerfahrt wie gut einen Monat zuvor die Nahostreise der katholischen Deutschen Bischofskonferenz. Viel Zeit zur Besinnung blieb dem EKD-Rat an den Ursprungsstätten der Christenheit nicht. Das Programm mit religiösen und politischen Gesprächen war von langen Tagen und einer sehr dichten Agenda gezeichnet.

Auf der Ratsreise lag ein hoher Druck: Einerseits sollten die EKD-Aktivitäten in und um Jerusalem mit ihrer anderthalb Jahrhunderte währenden Tradition nach einem langjährigen Prozess der Neuordnung und zähen Verhandlungen mit ökumenischen Partnern vor Ort zu einem Abschluss gebracht werden. Andererseits standen die Spitzenprotestanten unter besonderer Beobachtung, nachdem bei der Reise der katholischen Bischöfe unglückliche Vergleiche der bedrückenden Lage der Palästinenser mit dem Warschauer Getto für eine heftige Debatte in der israelischen und deutschen Öffentlichkeit geführt hatten.

Die EKD setzte daher alles daran, ihren Einsatz für Frieden und Versöhnung beiden Seiten ohne Missverständnisse zu vermitteln. Der Ort Jerusalem stelle Vertreter christlichen Kirchen vor die Herausforderung, "die größtmögliche Zahl von Problemen auf kleinstmöglichem Raum" anzutreffen, sagte Bischof Huber. Für den Besuch der Holocaust-Gedenkstätte Jad Vaschem nahm sich die EKD-Delegation viel Zeit, anschließend traf sie sich mit Israels Oberrabbiner Jona Metzger. Bei dieser erstmaligen Begegnung wurde vereinbart, regelmäßige Arbeitsbeziehungen aufzunehmen.

Zugleich bat Metzger, der einer der zwei höchsten jüdischen Repräsentanten im Staate Israel ist, die deutschen Besucher darum, sich bei ihren palästinensischen Gesprächspartnern für die Freilassung des israelischen Soldaten Gilad Schalit einzusetzen. Vermitteln konnte Bischof Huber auch den Kontakt zwischen den Tourismusministern, in dem er Visitenkarten überbrachte. Doch die deutschen Protestanten waren sich klar darüber, dass ihre Möglichkeiten sehr bescheiden sind, um zum Frieden in der Region beizutragen.

In ihren Gesprächen mit politischen Vertretern - auf israelischer Seite Vize-Ministerpräsident Schimon Peres, auf palästinensischer Seite Präsidialamtschef Rafik Husseini - erlebte der Rat der EKD eine nur verhaltene Hoffnung auf eine schnelle Verbesserung der Lage. Die Protestanten erlebten ein Wechselbad von Zeichen des Optimismus - etwa dem evangelischen Schulprojekt Talitha Kumi in Beit Dschala - und Momenten der Bedrückung wie in Jad Vaschem oder auch in sozialen Einrichtungen im Westjordanland.

Stärkste Eindrücke hinterließ die Konfrontation mit der israelischen Sperrmauer an der Grenze zu den Autonomiegebieten. Als Zeichen der Solidarität mit den Palästinensern durchschritt die evangelische Delegation den Kontrollpunkt "Rachels Grab" zwischen Bethlehem und Jerusalem zu Fuß. "Ich habe das Gefühl, dass es für Palästinenser sehr demütigend sein muss, diesen Weg zu gehen", sagte Huber. Allerdings müssten demütigende Verhaltensweisen beider Seiten sowie gewalttätige Aktionen abgestellt werden: das Ausspielen der militärischen Überlegenheit Israels ebenso wie die Selbstmordattentate der Palästinenser.

Dieses Junktim wird von den Vertretern der Evangelisch-lutherischen Kirche von Jordanien und dem Heiligen Land nicht immer in dieser Deutlichkeit formuliert, wenn ihre Vertreter auf die katastrophale humanitäre Situation ihres Volkes hinweisen und die Solidarität der ökumenischen Partner einfordern. Mit der Partnerkirche in Palästina und Jordanien, entstanden 1959 aus der deutschen Missionsarbeit, hat die EKD jetzt eine formale Kirchenpartnerschaft geschlossen. Sie wurde am Sonntag in einem Festgottesdienst in der deutschen Himmelfahrtskirche auf dem Ölberg feierlich besiegelt. 

Versandt am 16.04.2007, 16:20h

 

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