Europa-Geburtstag mit Gottesdienst abgeschlossen

Berlin (epd). Am 50. Jahrestag der Unterzeichnung der Römischen Verträge hat Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) mehr Handlungsfähigkeit der EU eingefordert. "Die Europäische Union braucht mehr und sie braucht klarere Zuständigkeiten als heute", sagte Merkel am Sonntag im Schlüterhof des Deutschen Historischen Museums in Berlin während des Festakts zum EU-Jubiläum. Sie kündigte an, bis zum Ende der deutschen EU-Ratspräsidentschaft im Juni einen Fahrplan mit "inhaltlichen Weichen" vorzulegen. "Das Thema wird nicht leichter, indem man es bis ultimo verschiebt", sagte sie nach einem Arbeitsessen mit den EU-Staats- und Regierungschefs.

Merkel unterzeichnete gemeinsam mit EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso und EU-Parlamentspräsident Hans-Gert Pöttering die "Berliner Erklärung", in der Erfolge und Werte der EU gewürdigt sowie kommende Herausforderungen festgelegt werden.

In der knapp zweiseitigen Erklärung verpflichtet sich die Gemeinschaft zu Reformen bis zum Jahr 2009. Die umstrittene EU-Verfassung wird nicht genannt, stattdessen ist von einer "erneuerten gemeinsamen Grundlage" die Rede. Daneben erklärt die EU, sich gemeinsam gegen Terrorismus, organisierte Kriminalität, illegale Einwanderung und Rassismus einsetzen und die Entwicklung in der Welt fördern zu wollen.

Um die Einheit der Europäischen Union zu bewahren und zu vertiefen, müsse die Unantastbarkeit der Menschenwürde im Mittelpunkt stehen, sagte Merkel. Für sie ergebe sich dieses Verständnis vom Menschen auch aus den christlich-jüdischen Wurzeln Europas, betonte sie.

Zur Frage, ob der Gottesbezug noch in ein EU-Vertragswerk aufgenommen werden könne, sagte Merkel vor Journalisten, sie sei eher realistisch, "das heißt nicht so optimistisch". Sie betonte, durchaus Verständnis für die Forderung nach einem Bezug auf die christlichen Wurzeln in einer EU-Verfassung zu haben, wie es Papst Benedikt XVI. am Samstag erneut verlangt hatte.

Die Bundeskanzlerin ergänzte, die EU habe sich in der "Berliner Erklärung" ausdrücklich zur Förderung von Demokratie und Wohlstand auch außerhalb der EU-Grenzen erklärt. Sie wies auf das "unerträgliche Leiden" der Menschen in Simbabwe und der sudanesischen Krisenregion Darfur hin. Stärkere Sanktionen gegenüber der sudanesischen Regierung müssten ins Auge gefasst werden, so Merkel.

Auch Barroso und Pöttering bekräftigten vor Journalisten, die EU müsse so schnell wie möglich eine neue vertragliche Grundlage bekommen. Pöttering sagte, bis zum Juni 2009 sei die Ratifizierung eines neuen Vertragswerks abgeschlossen. Ob es nun Verfassung genannt werde oder nicht, die Substanz der gescheiterten EU-Verfassung bleibe erhalten. Barroso sagte, jetzt müsse jede der 27 EU-Regierungen zu einer konstruktiven Lösung beitragen.

Am Abend nahm die Kanzlerin an einem ökumenischen Gottesdienst im Berliner Dom teil. Der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Bischof Wolfgang Huber, betonte laut Manuskript, Europa müsse eine "globale Solidarität" üben: "Denn zur Seele Europas gehört die Verantwortung für den Frieden". Huber rief dazu auf, zur Überwindung der Krise im Nahen Osten und im sudanesischen Darfur beizutragen.

Der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Karl Kardinal Lehmann, forderte für Europa "mehr geistig-spirituelle Gemeinsamkeit, ohne dass die kulturelle Vielfalt zerstört werden dürfte". Er begrüßte Merkels "klares Wort", mit dem sie die jüdisch-christlichen Wurzeln Europas hervorgehoben hatte. "Religion und Glaube helfen gerne mit am Anfange eines neuen Aufschwungs", versicherte er.

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