Kurienkardinal Kasper: Europa braucht geistigen Kitt - LWB-Jubiläumstreffen in Lund

Lund (epd). Zum 50. Geburtstag der Europäischen Union hat der römische Kurienkardinal Walter Kasper zur Überwindung von Europaverdrossenheit und -skepsis aufgerufen. Europa brauche geistigen Kitt sowie Werte und Ideale, die Europäer über Unterschiede hinweg verbänden, sagte der Präsident des Päpstlichen Rates für die Einheit der Christen am Samstag beim Treffen des Lutherischen Weltbundes (LWB) in Lund (Schweden). Der Generalsekretär des Weltkirchenrates, Samuel Kobia, warnte vor einer "Festung Europa". Für institutionelle Reformen in der EU sprach sich der frühere finnische Präsident und UN-Sonderbeauftragte Martti Ahtisaari aus.

Ahtisaari betonte, die europäische Einigung habe sich als Erfolgsgeschichte erwiesen. Das Haus Europa müsse aber an die erweiterte EU angepasst werden. Die Reform der EU-Institutionen sei die Vorbedingung für weitere Beitritte. Das europäische Haus sei auch auf angemessenes Wissen und Bildung über die Religionen Europas angewiesen. Diese größere Sensibilität sei notwendig, um ideologischen Extremismus und religiösem Fundamentalismus begegnen zu können.

Kardinal Kasper warb für eine Stärkung der christlichen Identität Europas. Die Säkularisierung in Westeuropa sei "ein Sonderweg", die sonst nirgends zu finden sei. Materialistischer Neokapitalismus, sinnentleerter Konsumismus und moralischer Laxismus seien keine Basis. "Europa braucht eine zweite Bekehrung zu Jesus Christus. Europa muss aufwachen, vielleicht sogar aufschrecken", argumentierte Kasper.

Für den Ökumenischen Rat der Kirchen forderte Generalsekretär Kobia von Europa offene Grenzen für Migranten aus dem Osten und Süden. Zudem kritisierte er die Ausländerfeindlichkeit in EU-Ländern, sowie die Gettoisierung religiöser und ethnischer Minderheiten. Weiter verlangte er, dass sich Europa für seine Rolle im Sklavenhandel entschuldige.

Ahtisaari bedauerte dass bei den Gesprächen über die Zukunft des Kosovo Serben und Kosovo-Albaner keine Bereitschaft zur Korrektur ihrer Maximalpositionen gezeigt hätten. Aber das Potenzial der Verhandlungen sei ausgereizt. Nun sei es Sache des UN-Sicherheitsrates eine Lösung für den künftigen Status der Provinz herbeizuführen, sagte der Finne, dessen Abschlussbericht dem Sicherheitsrat an diesem Montag vorgelegt wird. Einer entschlossenen gemeinsamen Position der Europäer komme dabei in den nächsten Monaten besonderes Gewicht zu, sagte Ahtisaari.

Nach 13 Monaten waren Anfang März Gespräche zwischen Serben und Kosovo-Albanern gescheitert. Der von Ahtisaari im Februar vorgelegte Plan sieht eine eingeschränkte Unabhängigkeit der überwiegend von Albanern bewohnten serbischen Provinz unter internationaler Überwachung vor. Kosovo gehört formell zu Serbien, steht aber seit 1999 unter EU-Verwaltung, nachdem zuvor die serbische Angriffe auf die albanische Mehrheit gestoppt hatte.

Zur Situation der serbisch-orthodoxen Kirche im Kosovo sagte Ahtisaari, ihr seien zusätzlicher Schutz und besondere Rechte zugesichert worden, etwa Garantie gegen Enteignungen und ungehinderte Zugangsrechte. Auch steuerliche Vergünstigungen und Unterstützung aus Serbien sollten der serbisch-orthodoxen Kirche im Kosovo zugestanden werden. Für eine Reihe orthodoxer Klöster und Kirchen gälten besondere Schutzzonen, in denen bestimmte Aktivitäten verboten und eingeschränkt würden, die das religiöse und kulturelle Erbe der Serben im Kosovo zerstören könnten. An wenigen Plätzen auf der Welt genieße eine Kirche ein derartiges Maß an institutionellen Garantien, betonte der UN-Vermittler.

Lutheraner aus aller Welt erinnern an diesem Wochenende im schwedischen Lund an die Gründung des Lutherischen Weltbundes (LWB) vor 60 Jahren. Der Weltbund, der inzwischen 140 lutherische Kirchen mit nahezu 67 Millionen Christen umfasst, war 1947 in Lund gegründet worden. Das Jubiläum wird an diesem Sonntag mit einem Festgottesdienst in der Kathedrale am Ort der Gründung gewürdigt. Das LWB-Treffen, an dem mehr als 100 Bischöfe und Kirchenpräsidenten teilnehmen, steht unter dem Motto "Gemeinschaft leben in der Welt von heute".

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