Kirchlicher Widerspruch bei rassistischem Denken und Tun

Württembergisches Wort zur Interkulturellen Woche 2012

Evangelische Landeskirche in Württemberg

20. September 2012

Mit einem Württembergischen Wort (siehe unten!) nehmen die Evangelische Landeskirche in Württemberg und das Diakonische Werk Württemberg die bundesweite Interkulturelle Woche vom 23. bis 30. September 2012 auf. Die Interkulturelle Woche steht unter dem Motto "Herzlich willkommen - wer immer du bist". Sie ist eine Initiative, zu der die Kirchen bundesweit aufrufen.

Oberkirchenrat Dieter Kaufmann, Vorstandsvorsitzender des Diakonischen Werks Württemberg, hält diese Initiative gerade angesichts aktueller rassistischer und rechtsextremistischer Gedanken für dringend nötig. Wer Menschen anderer Herkunft, Hautfarbe oder Religion ausgrenze, diskriminiere oder gar körperlich angreife, müsse auch mit dem Widerspruch der Landeskirche und ihrer Diakonie rechnen. Bezug nehmend auf die Diskussion um das Mohammed-Video widerspricht er der Verunglimpfung einer anderen Religion, verurteilt aber auch die gewalttätigen Reaktionen darauf.
Wer nach Deutschland einreist, müsse erfahren, dass "eine andere Kultur oder Religion als Ausdruck von Identität und Persönlichkeit akzeptiert wird". Alle Menschen seien aufgerufen, "immer wieder mit Offenheit und positiver Neugier auf andere Menschen zuzugehen und im Gegenüber zuallererst das Geschöpf Gottes zu erkennen", betont Oberkirchenrat Prof. Dr. Ulrich Heckel, Leiter des Dezernats Theologie, Gemeinde und weltweite Kirche der Evangelischen Landeskirche in Württemberg. Alle Menschen haben laut Heckel den Auftrag, Gesellschaft mit zu gestalten und dazu beizutragen, "dass niemand aufgrund der ethnischen oder sozialen Herkunft auf der Strecke bleibt".

Evangelische Landeskirche und Diakonie in Württemberg rufen dazu auf, in der Interkulturellen Woche auch alltägliche Diskriminierungserfahrungen anzugehen und die Grundlagen und Chancen einer offenen, freien und demokratischen Gesellschaft zu thematisieren. Sie fordern erneut eine großzügige Bleiberechtsregelung für langjährig Geduldete, bei der auch Alte, Schwache, Kranke und Alleinerziehende eine Chance haben.
Innerhalb der Interkulturellen Woche finden zahlreiche Veranstaltungen und Aktionen statt, zum Beispiel in Göppingen, Reutlingen, Kirchheim/Teck und Stuttgart. Hier wird auch ein zentraler ökumenischer Eröffnungsgottesdienst am Sonntag, 23. September 2012, um 18.00 Uhr in der Friedenskirche gefeiert. Am 28. September lädt der Arbeitskreis Asyl zu einer Veranstaltung anlässlich des Tags des Flüchtlings ins DGB-Haus ein.

Stuttgart, 20. September 2012.


Württembergisches Wort zur Interkulturellen Woche vom 23. bis 30. September 2012: Begegnung - Teilhabe - Integration

»Herzlich willkommen - wer immer Du bist« diesem Motto der Interkulturellen Woche 2012 schließen sich die Evangelische Landeskirche und Diakonie in Württemberg an. Sie unterstützen die Botschaft des Gemeinsamen Wortes der Kirchen zur diesjährigen Interkulturellen Woche: "Wer nach Deutschland einreist - sei es auf der Flucht vor existentiell bedrohlicher politischer, religiöser oder ethnischer Verfolgung, sei es als Arbeitsmigrantin oder Arbeitsmigrant-, soll erfahren, dass eine andere Kultur oder Religion als Ausdruck von Identität und Persönlichkeit akzeptiert wird." "Herzlich willkommen - wer immer Du bist." Diese direkte und vertraute Ansprache regt zum Nachdenken an. Sie ist eine Herausforderung für die ganze Gesellschaft und insbesondere auch für uns in Kirche und Diakonie. Wie das Gemeinsame Wort der Kirchen zur Interkulturellen Woche feststellt, leben Menschen oft nebeneinander her und nicht miteinander. Das gilt auch hierzulande und betrifft nicht nur Menschen mit Migrationshintergrund und Einheimische. Auch viele andere Gruppen in der Gesellschaft haben kaum Berührungspunkte miteinander. Wir alle sind aufgerufen, immer wieder mit Offenheit und positiver Neugier auf andere Menschen zuzugehen und im Gegenüber zuallererst das Geschöpf Gottes zu erkennen.

Orientierung hierfür kann uns der Galaterbrief des Neuen Testaments geben. Dort lesen wir  von einer Gemeinde, in der Menschen unabhängig von ihrer Herkunft oder sozialen Stellung in umfassender Gemeinschaft leben. Der Apostel Paulus schreibt: »Hier ist nicht Jude noch Grieche, hier ist nicht Sklave noch Freier, hier ist nicht Mann noch Frau; denn ihr seid allesamt einer in Christus Jesus« (Gal. 3,28). Angesichts der alles verändernden Wirklichkeit Gottes sind wir Christinnen und Christen in besonderer Weise aufgerufen, in unseren Gemeinden Beispiel für diese Gemeinschaft zu geben. Dies wollen wir auch unseren Gemeinden in Württemberg ans Herz legen. Wir unterstreichen den Auftrag, den das Gemeinsame Wort der Kirchen formuliert, die Gesellschaft mitzugestalten und dazu beizutragen, dass niemand aufgrund der ethnischen oder sozialen Herkunft auf der Strecke bleibt.

»Herzlich willkommen - wer immer Du bist.« Das ist eine starke Aussage auch gegenüber aktuellen rassistischen und rechtsextremistischen Gedanken. Wer Menschen anderer Herkunft, Hautfarbe oder Religion ausgrenzt, wer sie diskriminiert oder gar physisch attackiert, der muss nicht nur mit den Reaktionen der staatlichen Gewalt, sondern auch mit dem Widerspruch der Kirchen rechnen. Nachdrücklich unterstützen wir diesen Einspruch für unsere Landeskirche und Diakonie. Mit dem Gemeinsamen Wort teilen wir die Auffassung, dass es nicht ausreicht, Gewalttaten zu verurteilen. Wir rufen deshalb  gemeinsam dazu auf, jeder Äußerung von Menschenfeindlichkeit mit Zivilcourage entgegenzutreten. Fremdenhass, Rassismus, Antisemitismus und jede Form des Rechtsextremismus sind mit dem christlichen Glauben unvereinbar.

Die Interkulturelle Woche kann Gelegenheiten bieten, gerade auch die alltäglichen Diskriminierungserfahrungen anzugehen und Migrantinnen und Migranten von ihren Erfahrungen berichten zu lassen. So kann eine Sensibilität wachsen, die das Zusammenleben von Menschen verschiedener Herkunft erleichtert. Wir rufen dazu auf, in diesem Jahr die Grundlagen und Chancen einer offenen, freien und demokratischen Gesellschaft besonders zu thematisieren.

 »Herzlich willkommen - wer immer Du bist.« In der Debatte um Integration und Einwanderung vernehmen wir allzu oft einen anderen Leitspruch: »Herzlich willkommen - wer immer uns nützt.« Dies wäre eine Engführung, die mit den Grundwerten unserer Gesellschaft und den grundlegenden Einsichten unseres Glaubens nicht in Einklang zu bringen ist. Seit Jahren engagieren wir uns für eine großzügige Bleiberechtsregelung für langjährig Geduldete, bei der auch Alte, Schwache, Kranke und Alleinerziehende eine Chance haben. In Einklang mit dem Gemeinsamen Wort der Kirchen mahnen wir erneut an, dieses Thema auf die politische Tagesordnung zu setzen und für eine umfassende und vor allem humanitäre Bleiberechtsregelung einzutreten.

Immer deutlicher zeigt sich, dass nicht nur Deutschland, sondern ganz Europa in einer globalisierten Welt vor der Herausforderung steht, Migration und die Aufnahme von Flüchtlingen zu gestalten. Den Kirchen ist es ein besonderes Anliegen, dass die Menschenrechte von Flüchtlingen gerade an den Außengrenzen Europas geachtet werden. Die großen Staaten im Zentrum Europas dürfen ihre Verantwortung für den Flüchtlingsschutz nicht auf die Randstaaten oder gar auf die Nachbarländer außerhalb der Europäischen Union abwälzen. Es ist unter menschlichen, ethischen und rechtlichen Gesichtspunkten nicht hinnehmbar, dass Tausende auf dem Weg nach Europa an den Grenzen gedemütigt, inhaftiert, widerrechtlich zurückgewiesen werden oder gar ihr Leben verlieren.

»Herzlich willkommen - wer immer Du bist.« Die Interkulturelle Woche mit ihren zahlreichen Veranstaltungen ist jedes Jahr ein lebendiges Zeichen dafür, dass wir uns auf einem guten Weg zu einer echten Willkommenskultur befinden. Wir danken allen, die sich vor Ort für die Anliegen der Interkulturellen Woche einsetzen. Dort, wo Menschen im Alltag leben - dezentral, in den Stadtteilen, im täglichen Lebensumfeld. Hier brauchen wir gemeinsame Räume, in denen sich Menschen begegnen und die sie gemeinsam gestalten können, Tür an Tür und vis-a-vis, also von Angesicht zu Angesicht. Ein besonderer Dank geht an dieser Stelle auch an die Kirchenbezirksbeauftragten für Asyl und Migration in den 51 Kirchenbezirken unserer Landeskirche. Ihnen allen wünschen wir gute Erfahrungen und Gottes Segen für ihr großes und wichtiges Engagement.


Oberkirchenrat Prof. Dr. Ulrich Heckel              Oberkirchenrat Dieter Kaufmann
Evangelische Landeskirche in Württemberg       Diakonisches Werk Württemberg

"Herzlich willkommen - wer immer du bist." Unter diesem Motto steht der zentrale Eröffnungsgottesdienst zur Interkulturellen Woche am 23. 9. 2012 um 18.00 Uhr in der Friedenskirche Stuttgart.

Wir weisen auch auf den Tag des Flüchtlings am 28. 9. 2012 hin mit dem Motto "Fluchtweg in Würde", der im Stuttgarter DGB-Haus, Willi-Bleicher-Straße 20, gefeiert wird.

20. September 2012

www.elk-wue.de