Für mehr evangelisch-katholische Kooperation

Westfälische Landeskirche will konfessionell-kooperativen Religionsunterricht

Evangelische Kirche von Westfalen

23. Februar 2012

Evangelische und katholische Schüler nehmen gemeinsam am Religionsunterricht teil. Das ist in vielen Schulen schon längst bewährte Praxis. Theoretisch gibt es aber nur den getrennt-konfessionellen Unterricht. Er muss sich zu einem „konfessionell-kooperativen“ Religionsunterricht weiterentwickeln, so die Forderung von Professor Dr. Hans-Martin Lübking, dem Leiter des Pädagogischen Instituts der Evangelischen Kirche von Westfalen. Bei einer Fachtagung am Donnerstag (23.2.) beschrieb er vor rund hundert Teilnehmern, wie das in der Praxis aussehen könnte.

„80 Prozent des Unterrichtsstoffs werden faktisch konfessionsübergreifend behandelt“, stellte Lübking fest. Dennoch hält er nichts davon, die Unterschiede einzuebnen: „An der Konfession des Lehrers sollte in jedem Fall festgehalten werden.“ In einem konfessionell-kooperativen Religionsunterricht würden Schüler ihr eigenes Bekenntnis neu entdecken und Vorurteile abbauen. In einem gemeinsam erarbeiteten Lehrplan sollten die Gemeinsamkeiten im Vordergrund stehen, die Unterschiede und Eigenheiten aber nicht an den Rand gedrängt werden. Landeskirchenrat Fred Sobiech erklärte als verantwortlicher Dezernent der westfälischen Landeskirche: „Wir stehen vor der Herausforderung, Konfessionalität wirklichkeitsbezogen neu zu denken.“ Schüler haben „das Recht auf Lehrpersonen, die sich auf ihren eigenen Glauben befragen lassen“, findet Professor Dr. Hartmut Rupp, der das Religionspädagogische Institut der Universität Heidelberg leitet. Dieser Anspruch könne nicht durch einen staatlichen Werteunterricht erfüllt werden, der an die Stelle des Faches Religion tritt, fügte Hans-Martin Lübking hinzu: „Ein Fach, in dem von den lehrenden Personen her mit gleichem Abstand zu allen Überzeugungen unterrichtet wird, kann Schülern nur schwer helfen, einen eigenen Standpunkt zu finden.“ Für Professor Rupp sind die Kernthemen des Religionsunterrichts entscheidend: Mensch, Welt, Bibel, Gott, Jesus Christus. In diesen Themen wurzeln die Wertorientierungen, etwa in Fragen der Umweltverantwortung oder der Menschenrechte. „Keiner achtet die Menschenrechte, weil er diese in einem Schulbuch gelesen und ihre Entstehung erarbeitet hat“, erklärte er. Rupp schlug vor, ein biblisches „Basiswissen Religion“ zu definieren, das verbindlich angeeignet werden sollte. Denn ohne Wissen gebe es keine Kompetenz: „Man kann nicht deuten, wenn man keine Ahnung hat.“ Hier sparte der Gastreferent auch nicht mit Kritik am Religionsunterricht. Schüler seien oft nicht in der Lage, die religiöse Sprache mit ihren Bildern und Symbolen zu verstehen. Und „an der Fähigkeit, einen Bibeltext eigenständig auslegen zu können, wird nahezu nicht gearbeitet.“ Das Fach Religion findet große Zustimmung: Von den 850.000 evangelischen Schülerinnen und Schülern in Nordrhein-Westfalen nehmen 96 Prozent am evangelischen Religionsunterricht teil. Das Pädagogische Institut der Evangelischen Kirche von Westfalen, das mit dieser Tagung auch sein 65-jähriges Bestehen feierte, begleitet 9.000 Religionslehrer mit Fort- und Weiterbildung und anderen Angeboten.

Westfalen/Schwerte-Villigst, 23. Februar 2012

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