Kirchen fordern Recht auf Altern in Würde

Mainz (epd). Die evangelische und die katholische Kirche in Deutschland haben zum Auftakt ihrer bundesweiten "Woche für das Leben" das Recht aller Menschen auf ein Altern in Würde betont. "Die Humanität einer Gesellschaft zeigt sich darin, wie sie mit Menschen im Alter umgeht", sagte der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Landesbischof Heinrich Bedford-Strohm, beim Eröffnungsgottesdienst der Aktionswoche im Mainzer Dom. Bedford-Strohm erklärte, die Kirchen wollten mit ihrer vor 25 Jahren gestarteten, jährlichen ökumenischen Kampagne auf die "vielfältige Gefährdung des Lebens" hinweisen.

In seiner Predigt betonte der Vorsitzende der katholischen Deutschen Bischofskonferenz, Kardinal Reinhard Marx, alle Altersphasen des menschlichen Lebens vom ersten bis zum letzten Augenblick seien gleich wertvoll. "Das Leben ist nicht nur das Leben der 40-Jährigen, die souverän Wirtschaft und Gesellschaft beherrschen, Familien gründen und Häuser bauen", sagte er vor rund 400 Gottesdienstbesuchern. Altern und das mögliche Angewiesensein auf fremde Hilfe müsse jeder Mensch als Teil seines Daseins akzeptieren. "Die höchste Freiheit ist, einverstanden zu sein mit seinem Leben und Sterben."

Befreiung von Fehlern

Die Kirchen müssten Netzwerke für Kontakte zwischen den Generationen werden und verhindern helfen, dass alte Menschen in die Einsamkeit abgeschoben würden, sagte Marx. Schon heute spielten Kirchengemeinden dabei eine wichtige Rolle. Für manche Bewohner in Alteneinrichtungen seien die Besuche von Konfirmanden oder Firmlingen mittlerweile der nahezu einzige Kontakt zu jungen Menschen.

Bei einem Podiumsgespräch nach dem Gottesdienst sagte Bedford-Strohm, die letzte Lebensphase dürfe nicht ausschließlich mit Problemen, gesundheitlichen Nöten und Pflegebedürftigkeit in Verbindung gebracht werden. Persönlich habe er als Pfarrer viele Treffen mit hochbetagten Menschen erleben dürfen, die trotz vieler Schicksalsschläge mit Zufriedenheit und Dankbarkeit auf ihr Leben zurückblickten: "Da wird man sehr demütig, das ist ein Türöffner für ein gelingendes Leben bei einem selbst."

Ähnlich äußerte sich der katholische Mainzer Bischof, Kardinal Karl Lehmann in einem Festvortrag. Die letzte Lebensphase sei auch ein Abschnitt, um sich "von Fehlern und Vergehen zu befreien, manches wieder gutzumachen und um Ausgleich und Aussöhnung bemüht zu sein." Lehmann mahnte zugleich, nur mit einem Glauben sei das Altwerden in Gelassenheit möglich: "Altwerden ohne den Glauben an Gott ist schlimm."

Auch selbst aktiv werden

Die frühere Bundesfamilienministerin Ursula Lehr (CDU) appellierte an die Eigenverantwortung älterer Menschen für ihr Leben. "Alte Menschen wollen gefordert werden, wir wollen ja gar nicht nur betreut werden", sagte sie. "Nehmt den alten Menschen nichts ab, was sie noch selber können." Auch gegen Einsamkeit könnten Ältere selbst aktiv werden, sie müssten nur Kontakt zu anderen alleinstehenden Menschen in der Nachbarschaft aufnehmen.

Die "Woche für das Leben" ist eine gemeinsame Initiative von Bischofskonferenz und EKD. Mit der Aktion soll die Gesellschaft für den Schutz des Lebens in allen Phasen von der Zeugung bis zum Tod sensibilisiert werden. Bundesweite Veranstaltungen finden in diesem Jahr vom 9. bis zum 16. April statt.

11. April 2016

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