Präses Kurschus: Die Kirche muss auf einen Horizont jenseits des Terrors verweisen

Präses Annette Kurschus, stellvertretende Ratsvorsitzende der EKD. (Foto: epd-Bild/Gerd-Matthias Hoeffchen)
Präses Annette Kurschus, stellvertretende Ratsvorsitzende der EKD. (Foto: epd-Bild/Gerd-Matthias Hoeffchen)
Bielefeld (epd). Nach den Terroranschlägen von Paris muss die evangelische Kirche nach Ansicht der Präses der Evangelischen Kirche von Westfalen, Annette Kurschus, eine eigene Stimme finden. Sie müsse zur Sprache bringen, dass es noch "einen Horizont über die Realität von Angst und Schrecken hinaus" gebe, ohne dass dies "wie ein Wolkenkuckucksheim" wirke, sagte Kurschus dem Evangelischen Pressedienst (epd).

"Offenheit gehört zum Kern der Botschaft Jesu"

Es gebe viele Menschen, die sich angesichts der Anschläge für den Schutz einer offenen Gesellschaft einsetzten. "Für mich gehört das Zutrauen in solche Offenheit zum Kern der Botschaft Jesu", unterstrich Kurschus, die auch stellvertretende Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) ist.

Als Folge einer zunehmend gemischten Gesellschaft müssen die Kirchen nach Einschätzung der 52-jährigen Theologin andere Religionen stärker in den Blick nehmen. "Wie können wir Sätze wie 'Christus ist der Weg, die Wahrheit und das Leben' so unter das Volk bringen, dass unsere tiefen Überzeugungen nicht als Feindschaftserklärungen gegen andere verstanden werden?" sagte Kurschus.

Das protestantische Profil schärfen

Mit Blick auf das 500. Reformationsjubiläum im Jahr 2017 warb Kurschus dafür, das protestantische Profil zu schärfen. "Ich denke, dass es auch dem Miteinander mit der katholischen Kirche gut tut, wenn wir klarer erkennbar sind in dem, was uns als evangelische Kirche ausmacht", sagte sie. Das erwarteten die Menschen.

Die evangelische Kirche wird nach Einschätzung der westfälischen Präses bei ethischen Diskussionen zu Themen wie Flüchtlingszuwanderung oder Sterbehilfe wieder stärker gehört. "Viele Menschen merken, dass wir nicht moralisch den Zeigefinger heben, sondern dass unsere ethischen Überlegungen und Überzeugungen von unserem Glauben geprägt sind", sagte sie. "Menschen müssen unsere Hoffnungen nicht unbedingt teilen, um zu spüren, dass es uns wirklich um das kostbare Gut des Lebens geht." Auch bei der Gedenkfeier im Kölner Dom für die Opfer des Germanwings-Absturzes habe sie die Aufmerksamkeit vieler Menschen erlebt, die weniger oder gar nicht religiös seien.

Holger Spierig und Ingo Lehnick (epd)

23. November 2015

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