Tiefensee und Göring-Eckhardt: Senioren als Bereicherung in Städten begreifen

Jörg Zink: Viele alte Menschen werden von der Angst vor dem Tod zerfressen

28. Mai 2005


Eine älter werdende Gesellschaft sollte als positive Herausforderung und nicht als Katastrophe gesehen werden. Das hat der Leipziger Oberbürgermeister Wolfgang Tiefensee am Freitag auf dem 30. Deutschen Evangelischen Kirchentag in Hannover gefordert. „Wenn Städte die ältere Generation nicht als Last begreifen, sondern als wichtige Bereicherung, dann kann generationsübergreifendes Leben in den Stadtteilen gelingen“, sagte Tiefensee bei einer Podiumsdiskussion zum Thema „Vor Sorge: Altern im demografischen Umbruch“ mit der hessischen Sozialministerin Silke Lautenschläger und der Fraktionsvorsitzenden der Grünen im Bundestag, Katrin Göring-Eckardt.

Um ein solches Leben zu ermöglichen, sollten Ältere nach Ansicht des SPD-Politikers  bestärkt werden, sich ehrenamtlich zu engagieren. Sie sollten sich bei städtischen Entscheidungen wie der Stadtplanung einmischen können. „Außerdem müssen wir uns fragen, wie wir mit dem Erfahrungsschatz und dem hohen Bildungsstandard dieser Generation umgehen“, sagte Tiefensee. Katrin Göring-Eckardt berichtete, dass sich in Weimar, einem beliebten Wohnort für Senioren, durch diesen Zuzug bereits neue Arbeitsplätze entwickelt habe – im Bereich Dienstleistungen, Bildung und Freizeit.

Nach Ansicht des Berliner katholischen Moraltheologen Andreas Lob-Hüdepohl verlangt die demografische Entwicklung nach neuen Arbeitszeitmodellen mit einem weicheren Übergang in den Ruhestand. „Die Älteren sehnen sich nach Entschleunigung, aber nicht nach Stillstand“, sagte Lob-Hüdepohl in einem Vortrag und forderte eine Abfederung beim Übergang aus dem Erwerbsleben. Seiner Ansicht nach gehörten zu einem würdevollen Leben im Alter nicht nur Renten und Pensionen, sondern auch eine ausreichende gesundheitliche Versorgung und ein nachbarschaftliches Netzwerk, in dem Menschen im dritten Lebensabschnitt wieder gefordert seien.

In einem „Generationengespräch“ mit der 34jährigen Journalistin Julia Karnick (Hamburg) mahnte der 82jährige Stuttgarter Publizist und Theologe Jörg Zink an, sich Sorgen ums Alter zu machen: „Ich kenne viele Leute, für die das Alter ein Unglück ist und halte es für unerlaubt, sorglos ins Alter zu gehen.“ Wichtig sei, dass es im Alter etwas gäbe, auf das man sein Leben gründe. Viele würden jedoch aus Angst vor dem Tod zerfressen.

28. Mai 2005
Nachrichtenredaktion Kirchentag