Das Kind in der Krippe macht Weihnachten fröhlich

Gemeinsame Weihnachtsbotschaft der evangelischen und katholischen Kirche in Bremen (Weserkurier)

24. Dezember 2004


Der Bremer Weihnachtsmarkt mit seinem lauten, bunten Treiben zog auch in diesem Jahr wieder Zehntausende Menschen an. Warum sind die Menschen in der dunkelsten und kältesten Zeit des Jahres so fröhlich und ausgelassen? Es liegt nicht nur am Glühwein. Ganz am Rande, in der äußersten Ecke der Domtreppen, versteckt hinter dem Bismarckdenkmal,  steht abseits vom Gedränge ein Stall, darin Maria und Joseph, das Kind in der Krippe, Schafe und drei Weise aus dem Morgenland. Immer wieder lösen sich Eltern und Großeltern mit ihren Kindern, aber auch junge Paare und alte Eheleute aus dem lärmenden Marktgetöse und sammeln sich still und andächtig vor diesem Stall. Es scheint, als suchten die Menschen voller Sehnsucht nach etwas, was sie sonst auf dem Weihnachtsmarkt nicht finden. Sie bleiben eine Weile stehen. Den Kindern wird von der Weihnachtsgeschichte erzählt.

Seit über 1200 Jahren kommen Menschen mitten im Dezember am Dom zusammen, um sich an der Weihnachtsgeschichte zu freuen. Seit Jahrhunderten wird diese Freude in unterschiedlichsten Weisen gefeiert. Heute spiegelt sie sich im Weihnachtsmarkt. Die Weihnachtsfreude ist nicht von der Weihnachtsgeschichte zu lösen: Gott kommt in dem Krippenkind Jesus in unsere Welt, um uns nahe zu sein. Dieses Wunder und dieses Geheimnis feiern wir an Weihnachten in allen Kirchen unserer Stadt. Die vielen mit Liebe gestalteten Weihnachtsgottesdienste am heiligen Abend, am ersten und zweiten Weihnachtstag wollen uns mit der Geschichte von der Geburt des Sohnes Gottes in einem ärmlichen Stall in Bethlehem berühren. Weihnachtsfreude ist in diesen Gottesdiensten zu spüren. Lassen Sie sich die fröhliche, selige Weihnachtszeit nicht entgehen!

Gott wird Mensch in einem schutzlosen Kind, für dessen Geburt kein Platz in der Herberge ist. Diese Geschichte will unsere Haltung zu Kindern prägen. Sie sind ein Segen Gottes. In ihnen und mit ihnen gewinnt die Welt ihre Zukunft. Unsere kinderarme Gesellschaft braucht Mut und Vertrauen, dass Gott uns in jedem geborenen Kind mit dem Wunder des Lebens beschenkt. Kinder dürfen nicht vor allem und zuerst als Kostenfaktor oder Karrierekiller thematisiert werden. Eine Gesellschaft, die nicht vorbehaltlos und großzügig Kinder in ihre Gemeinschaft aufnimmt, beraubt sich ihrer Zukunft. Die in unserem Land wachsende Kinderarmut, von der heute schon mehr als eine Million Kinder betroffen sind, müssen wir überwinden. Investitionen in Kindergärten und Schulen müssen erste Priorität haben. Das Wohl der Kinder als Geschenk Gottes wird zum Prüfstein einer Politik werden, die sich von Weihnachten begeistern lässt.
Das gilt auch für die internationale Politik. Die Armut von mehr als einer Milliarde Kinder ist ein Skandal. Die Weltgemeinschaft gibt zwar mehr als 950 Milliarden Dollar für Rüstung aus, aber die für das Wohl der Kinder weltweit notwendigen 40 bis 70 Milliarden Dollar kann sie nicht erübrigen. Dass Gott in einem schutzlosen Kind in unsere Welt gekommen ist, hat auch eine politische Dimension. Wer an Weihnachten fröhlich an der Krippe steht, sollte den Mut gewinnen, sich für die Nöte der Kinder in unserem Land und in der Welt einzusetzen.