Prägend für Ethik und Ökumene

Zum Tod des ehemaligen EKD-Kirchenamtspräsidenten Hermann Barth

16. März 2017

Hermann Barth. (Foto: epd-Bild/Jens Schulze)
Hermann Barth im Jahr 2010. (Foto: epd-Bild/Jens Schulze)

Zum 70. Geburtstag von Hermann Barth hatte der Vorsitzende des Rates der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Heinrich Bedford-Strohm, dessen "große Klarheit", "hervorragende theologische Kompetenz" und große Menschenfreundlichkeit gewürdigt. "Ihr Leben ist für viele Menschen und für unsere ganze Kirche zum Segen geworden", schrieb der bayerische Landesbischof dem ehemaligen Präsidenten des Kirchenamtes der EKD zum 12. November 2015.

Am 15. März starb Hermann Barth im Alter von 71 Jahren in Hannover. Seit einigen Jahren hatte er an Parkinson gelitten. "Mit großer Dankbarkeit sehe ich auf den Segen, der aus seinem Leben für unsere Kirche und für die Gesellschaft als ganze erwachsen ist", erklärte Bedford-Strohm am Tag nach seinem Tod. Seine im Ruhestand aufbrechende schwere Erkrankung habe er mit großer Tapferkeit ertragen, sagte der heutige Leiter des Kirchenamtes, Hans Ulrich Anke.

"Cheftheologe der EKD"

Ein Vierteljahrhundert lang hatte der Theologe Barth den Kurs der evangelischen Kirche mit bestimmt, zunächst als theologischer Referent für Fragen der öffentlichen Verantwortung in der EKD-Zentrale in Hannover. 1993 stieg Barth zum Vizepräsidenten des Kirchenamtes auf und leitete die Hauptabteilung "Theologie und öffentliche Verantwortung". Von 2006 bis zu seinem Ruhestand Ende November 2010 war er Kirchenamtspräsident. Zur Verabschiedung in den Ruhestand sagte die damalige Präses der EKD-Synode, Katrin Göring-Eckardt, niemand verdiene so sehr den Titel "Cheftheologe der EKD" wie Hermann Barth.

Wichtige kirchliche Stellungnahmen tragen seine Handschrift. Die Wirtschaftsdenkschrift gehört ebenso dazu wie die evangelisch-katholische Erklärung "Gott ist ein Freund des Lebens". Auch für Friedensethik und Sozialethik formulierte er entscheidend mit. Federführend war Barth am Zustandekommen des vielzitierten evangelisch-katholischen Wortes zur wirtschaftlichen und sozialen Lage beteiligt.

"Rat geben und nicht bevormunden, überzeugen und nicht überreden"

Dass Barths profunde Kenntnis zur Bioethik auch außerhalb der Kirche registriert wurden, zeigten seine Berufungen in den Nationalen und den Deutschen Ethikrat, in denen er von 2004 bis 2010 mitarbeitete. "Rat geben und nicht bevormunden, überzeugen und nicht überreden" war die Leitlinie der argumentativen Ethik, der sich Barth verpflichtet wusste, wenn in Kirche, Gesellschaft und Politik um Antworten auf ethische Grenzfragen gerungen wurde. Im Oktober 2010 wurde er von der Universität Münster mit dem theologischen Ehrendoktor geehrt. Und auch aus dem Ruhestand heraus verteidigte er im Februar 2011 das Formular der "Christlichen Patientenvorsorge" gegen Kritiker.

Dem eher unspektakulären kirchlichen Alltagsgeschäft – Gottesdienst, Kinder- und Jugendarbeit, religiöse Erziehung, Seelsorge – war der Theologe ebenso zugetan wie dem kirchlichen Reformprozess. Und auch den Gesprächsfaden zu den evangelikalen Gemeinschaften ließ er nicht abreißen.

"Wir gedeihen zusammen und wir kränkeln zusammen"

In der evangelisch-katholischen Ökumene, die derzeit zur Feier von 500 Jahren Reformation besondere Beachtung findet, warb Barth dafür, die Lektion zu befolgen: Wir gedeihen zusammen und wir kränkeln zusammen. Man sollte nicht der anderen Seite klar machen wollen, dass das, was sie als gerade ansieht, in Wirklichkeit krumm sei, empfahl er als Umgangsregel.

Barth stammt aus Ludwigshafen am Rhein, wo er am 12. November 1945 in einer Pfarrersfamilie geboren wurde. Nach dem Studium der Theologie in Heidelberg, Edinburgh und Tübingen war er wissenschaftlicher Assistent am Alttestamentlichen Seminar der Universität Hamburg. Sein weiterer Werdegang führte ihn nach Promotion und Vikariat ins pfälzische Kerzenheim, wo er von 1978 bis 1985 Gemeindepfarrer war. "Heimat ist für mich zunächst die pfälzische Heimat", sagte Barth einmal. Zu einer zweiten Heimat war ihm Schottland geworden.

Rainer Clos und Wiebke Rannenberg (epd)