Liebe braucht Gefühl und Verstand

Regionalbischöfin Susanne Breit-Keßler über Liebe und Geschenke am Valentinstag

14. Februar 2017

Hände zum Herz geformt
(Foto: pixabay/jarmoluk)

Schenken Sie zum Valentinstag Ihrem Liebsten eine gravierte Whiskeykaraffe oder einen Siegerpokal mit der Inschrift "Dem besten Mann der Welt"? Denken Sie daran, Ihrer Frau eine Kuschel­decke mit Ärmeln, wahlweise einen personalisierten Liebes­roman oder einen Diamanten mit Herz zu überreichen? Nein? Mein Mann und ich auch nicht. Zum Valentinstag läuft die Geschenkeindustrie mit ihren Ideen zu Hochform auf. Blumen­läden sind überfüllt. Süßigkeiten finden reißenden Absatz.  

Zur Liebe gehört mehr als ein Geschenk

Es ist schön, denen, die man liebt, Präsente zu machen. Aber eigentlich sollten sie aus dem Herzen kommen und nicht von Werbung gesteuert sein. Valentinstag. In der Antike wurden junge Leute durch eine Art Liebeslotterie zueinander gewürfelt. Sie haben sich gegenseitig etwas geschenkt und lebten ein Jahr lang wie Verlobte. Vermutlich war das die Chance, einem nicht so berauschenden Zufallstreffer wieder zu entkommen. 

Die eigene Frau, den eigenen Mann in der Lotterie zu ziehen, ist wenig sinnvoll – auch wenn ich meinen tatsächlich als das große Los betrachte. Aber in der Liebe gehört zum Gefühl schon auch der Verstand, sonst ist es mit der Partnerschaft bald vorbei. Aber was ist eigentlich mit Valentin, nach dem der Tag der Liebenden genannt ist? Es gab einen, er war Bischof in Umbrien. Geschichten erzählen, dass die jungen Leute selber keine Liebes­lotterie mehr wollten. Sie wollten die Partner, die sie liebten. 

Warum soll der Liebste jetzt auf einmal Lyrik zitieren?

Deshalb gingen sie zu Bischof Valentin und ließen sich von ihm trauen. Diese Beziehungen sollen besonders glücklich gewesen sein. Valentin hat sich für Liebende eingesetzt, wenn ihre Angehörigen gegen die Verbindung waren. Valentin, ein begeisterter Hobbygärtner, hat den Hochzeitspaaren und anderen verliebten Menschen Blumen geschenkt. 

Man kann nichts gegen den Valentinstag haben. Der Bischof war ein aufrechter Christ mit Sinn für Ästhetik, für die zarten Gefühle. Er hatte ein gutes Gespür dafür, wer zusammen passt. Das braucht unsereins auch: Wenn man tobt, weil der andere sich mal wieder als superunpraktisch erweist, keinen Nagel in die Wand bringt und null Ahnung hat, wo die Glühbirnen sind. Dann muss man sich fragen, ob man sich damals in einen Handwerker verliebt hat oder in den kunstsinnigen Gourmet? 

Oder umgekehrt: Man schwärmte für den Handwerker und nicht für den Schöngeist! Warum soll der Liebste jetzt auf einmal Lyrik zitieren? Wenn sie lästigerweise auf ihrer Ansicht beharrt – hat Ihnen damals nicht gerade diese energische, selbstbewusste Frau gefallen? Na bitte. Sie haben, was Sie wollten. Der andere kann einem nicht alles sein, das geht nicht. Erinnern Sie sich an das, was Sie früher fasziniert hat. 

Raum für Liebe mit allen Sinnen

Schauen Sie hin: Es ist immer noch der charmante, überall beliebte oder eben der eher zurückhaltende Mann, der Feste nicht so gern mag und nach zwei Stunden heim will. Sie hat nach wie vor Lust, stundenlang still zu lesen, mit ihren Freundinnen zu telefonieren und will dabei nicht unterbrochen werden. Oder sie möchte jederzeit alles von Ihnen wissen, weil sie sich für Sie interessiert: Wie war dein Tag? Was denkst du?  

Der Valentinstag geht vorüber. Für viele sind die rosaroten Zeiten des Anfangs, der Rausch der Verliebtheit vorbei. Macht nichts. Jetzt ist Raum dafür, die wahre Liebe mit allen Sinnen und dem Verstand auszukosten. Sich in Ruhe auszubreiten mit allen guten, den nachdenklichen und neuen Gefühlen füreinander. Dazu braucht es keine überflüssigen Geschenke.

Susanne Breit-Keßler (für chrismon)


Susanne Breit-Keßler ist Regionalbischöfin für München und Oberbayern in der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Bayern.