Luther als Mensch und nicht als Denkmal

Michael Kunze, Texter des Pop-Oratoriums "Luther", im Interview

11. Januar 2017

Michael Kunze. (Foto: Gerd-Matthias Hoeffchen)
Michael Kunze hat die Texte für das Pop-Oratorium "Luther" verfasst. (Foto: Gerd-Matthias Hoeffchen)

Der Liedtexter des Luther-Oratoriums, Michael Kunze, findet Martin Luthers Mut "fast heldenhaft". Indem er seinem Gewissen gehorcht und sich gegen Konventionen seiner Zeit gestellt habe, habe Luther "praktisch allein" das Tor zum Individualismus aufgestoßen und den Geist des Mittelalters überwunden, sagt Kunze vor den beiden Aufführungen des Oratoriums am 4. Februar in Düsseldorf. In dem Lied "Selber denken" plädiert darin Luther, gesungen von Frank Winkels, für den Mut, auch gegen starke Autoritäten seinem Gewissen zu folgen.

Für das Pop-Oratorium "Luther" hat Kunze den Text und der Komponist Dieter Falk die Musik geschrieben. Die Uraufführung war am Reformationstag 2015 in Dortmund. Zum Reformationsjubiläum in diesem Jahr ist das Pop-Oratorium auf Tour und gastiert am 11. Februar in Mannheim. Den Abschluss bildet eine Aufführung in Berlin kurz vor dem Reformationstag 2017.

"Diesen Menschen lebendig werden lassen"

Kunze sagte, er und Falk hätten es sich zur Aufgabe gemacht, Luthers Themen für Menschen in der heutigen Zeit umzusetzen. "Luther wurzelt ja zum großen Teil noch im Mittelalter und ist deswegen ein Mensch, den wir in seiner Mentalität und seinen Gedanken nur rudimentär verstehen können", sagte der 73-Jährige. In einer 80-Minuten-Show könne er zwar nichts wesentlich Neues über Luther ausdrücken. Stattdessen solle das Oratorium "diesen Menschen lebendig werden lassen" und dem Publikum "das Gefühl geben, dass Luther ein Mensch war und nicht nur ein Denkmal", sagte der promovierte Jurist und Historiker.

Gerade die zeitgenössische Pop-Musik des Oratoriums werde dem Reformator gerecht, betonte Kunze: "Luther war selbst sehr musikalisch, hatte viel Freude an der Musik und war der Meinung, dass Singen an sich ein Gebet ist. Das entspricht natürlich sehr auch meiner Auffassung."

Kunze schrieb unter anderem Liedtexte für Udo Jürgens und Jürgen Drews. 1969 entdeckte er Peter Maffay. Seit den 1980er Jahren verfasst er Musicals, darunter "Elisabeth" über die österreichische Kaiserin. Mit Dieter Falk arbeitete er bereits für das Pop-Oratorium "Die zehn Gebote" zusammen.

Das Interview führte Irene Dänzer-Vanotti (epd)