Ökologischer Umbau und Marktwirtschaft

Der Arbeitskreis Evangelischer Unternehmer feiert sein 50. Gründungsjubiläum

14. September 2016

Festakt der Evangelischen Unternehmer in Frankfurt
Heinrich Bedford-Strohm (li.) spricht beim Festakt in der Frankfurter Heiliggeistkirche. (Foto: epd-Bild/Norbert Neetz)

Der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Heinrich Bedford-Strohm, wünscht sich ein weltweites "ökologisches Wirtschaftswunder". Angesichts des Ressourcenverbrauchs dürften wirtschaftliche Erfolge nicht weiter allein am Wachsen des Bruttosozialprodukts gemessen werden, forderte Bedford-Strohm bei der Feier zum 50-jährigen Bestehen des Arbeitskreises Evangelischer Unternehmer (AEU) in Frankfurt am Main. Der ehemalige Bundesverfassungsrichter Udo di Fabio warnte davor, die Marktwirtschaft grundsätzlich infrage zu stellen.

"Rechtsstaatliche Demokratie war noch nie ohne Marktwirtschaft zu haben", sagte der Bonner Rechtswissenschaftler. Der Dreiklang von Marktwirtschaft, Rechtsstaat und Demokratie sei die Voraussetzung für eine freiheitliche Gesellschaft. "Also bitte keine Systemdiskussion", mahnte di Fabio. "Dass heute nur noch so wenige Menschen verhungern, das hat auch mit der Marktwirtschaft zu tun", sagte der Universitätsprofessor.

Grundlegende Transformation

Zwar sei die Rendite der Antrieb der Marktwirtschaft, doch sie werde getragen vom Menschen als sittlichem Wesen. Damit sich Sittlichkeit durchsetzen kann, brauche es starke Institutionen. Es bedürfe "intelligenter Reaktionen" auf "Deformationen" im System der Marktwirtschaft, wie sie sich zum Beispiel infolge der Deregulation der Finanzmärkte zeigten. Unverständnis äußerte di Fabio darüber, dass die Stabilitätskriterien im Euro-Raum derzeit ohne Konsequenzen für die betreffenden Staaten weder eingehalten noch verändert würden.

Der bayerische Landesbischof Bedford-Strohm sagte, die Umweltorganisation WWF habe ausgerechnet, dass die Menschheit bei der bloßen Fortschreibung der gegenwärtigen Entwicklung des weltweiten Ressourcenverbrauchs im Jahr 2030 einen weiteren Planeten bräuchte. "Uns ist aber allen klar, dass wir den nicht haben", betonte er. An einer grundlegenden Transformation der Wirtschaft führe daher kein Weg vorbei. Ziel müsse es sein, dass alle Menschen in Würde leben können. Das sei derzeit eine Vision. Doch Unternehmer seien Visionäre. Und daher setze er große Hoffnungen in sie, sagte Bedford-Strohm.

Gegen Planwirtschaft

Der Arbeitskreis Evangelischer Unternehmer war 1966 in Frankfurt gegründet worden, um innerhalb der evangelischen Kirche Verständnis für unternehmerische Entscheidungen zu wecken. Unter dem Gründungsvorsitzenden Walter Bauer, einem Textilunternehmer,  verstand sich der Arbeitskreis zunächst vor allem als Gegengewicht zu etablierten gewerkschaftsnahen Arbeitnehmergruppen in der Kirche sowie zur kirchlichen Industrie- und Sozialarbeit.

Walter Bauer war in der NS-Zeit Mitglied der oppositionellen Bekennenden Kirche und hatte an der im Juli 1945 veröffentlichten Denkschrift des Freiburger Bonhoeffer-Kreises mitgewirkt, die zur ethischen Untermauerung der sozialen Marktwirtschaft in der Bundesrepublik beitrug. In der Tradition dieser Denkschrift stellte sich der AEU entschieden gegen Bestrebungen, planwirtschaftliche Modelle anstelle der sozialen Marktwirtschaft zu erproben. Entsprechende Forderungen aus der 68er Bewegung hatten damals auch im deutschen Protestantismus viele Anhänger.

Bis heute stehe die Kommunikation der ethischen Grundlagen und ordnungspolitischen Prinzipien der sozialen Marktwirtschaft im Zentrum der Arbeit des AEU, sagte Peter Barrenstein, der dem als Verein organisierten Netzwerk seit vier Jahren vorsteht. Der Arbeitskreis Evangelischer Unternehmer steht inzwischen auch leitenden Angestellten aus der Wirtschaft und Selbstständigen wie Rechtsanwälten und Wirtschaftsprüfern offen, aber auch Ökonomie-Professoren und Leitern großer diakonischer Einrichtungen. Zu seinen Aufgaben gehören die Mitwirkung an Äußerungen der evangelischen Kirche wie der Unternehmer-Denkschrift von 2008, die Organisation von fachlichem Austausch und Angebote zur Glaubensvergewisserung für die rund 600 Mitglieder.

Aus Anlass des Jubiläums hatte der ehemalige EKD-Ratsvorsitzende Wolfgang Huber am Morgen als Mitherausgeber das Buch "Evangelisch. Erfolgreich. Wirtschaften." vorgestellt, in dem 35 protestantische Führungskräfte aus der Wirtschaft über ihren Glauben berichten. Es enthält Beiträge unter anderen von Bertelsmann-Vorstand Brigitte Mohn, dem BASF-Vorstandsvorsitzenden Kurt Bock und Frank-Jürgen Weise, dem Chef der Bundesagentur für Arbeit.

Evangelischer Pressedienst (epd)