Die Sprache der Kunst verstehen

Broschüren des EKD-Kulturbüros bieten kompakte Hilfe für Kirchenbesucher

10. September 2016

Inneres der Kapelle von Schloss Hartenfels in Torgau
Die Kapelle von Schloss Hartenfels in Torgau, vollendet 1544, gilt als erster protestantischer Kirchenneubau der Welt. (Foto:epd-Bild/Jens Schulze)

Kirchengebäude sind Gesamtkunstwerke. Architektur, Handwerk, Kunst und Musik schaffen ein neues Ganzes, das Menschen auch außerhalb von Gottesdiensten anzieht. Die einzelnen Elemente transportieren häufig Botschaften, sie sprechen zu ihren Betrachtern – allerdings in einer Symbolsprache, die häufig Jahrhunderte alt ist und heute erst enträtselt werden muss.

Eine Broschürenreihe des Kulturbüros der EKD gibt Kirchenbesuchern, die etwas genauer hinschauen, tiefer blicken und Hintergründe erfahren wollen, eine kompakte Hilfe mit auf den Weg. Unter dem Titel „Sehen lernen“ bieten die im handlichen Din-A-5 Format gehaltenen Hefte gebündelte Informationen, sich im Gesamtkunstwerk Kirche leichter zurechtzufinden und machen zugleich Lust, selbst auf Entdeckungsreise zu gehen.

Blick ins Detail

Der erste Band konzentriert sich auf die Architektur. Die einzelnen Baustile, von Romanik und Gotik über Renaissance und Barock bis hin zu Historismus, Jugendstil und Moderne werden auf jeweils vier Seiten vorgestellt. Neben einer allgemeinen Charakteristik, Hinweisen auf Geschichte, Philosophie und Theologie der Zeit werden jeweils typische Stilelemente erklärt. Von Bauformen wie Basilika, Hallenkirche oder Zentralbau geht der Blick über die Raumgestaltung, die Platzierung von Taufstein, Kanzel und Altar, hin zu gestalterischen Details wie Gewölbeformen, Giebel, Säulen, Ornamenten oder Fenster. Anschaulich wird das Gesagte durch Zeichnungen und Fotografien – jede Stilepoche wird durch ein ganzseitiges Bild auch optisch eindrücklich. Neben berühmten Bauten wie dem Halberstädter Dom, der Lorenzkirche Nürnberg, der Dresdner Frauenkirche oder der Kaiser-Wilhelm-Gedächtniskirche in Berlin sind auch viele kleinere und unbekanntere Kirchen aufgenommen, die zu einem Besuch einladen.

Das zweite Heft widmet sich den Symbolen auf den Bildwerken und Skulpturen frühere Jahrhunderte, die heutigen Augen erst wieder entschlüsselt werden müssen. Der Untertitel der Reihe „Die Sprache der Künste in der Welt der Kirche“ wird hier evident – denn in der Tat ging es ja darum, Menschen, die nicht lesen konnten, biblische Geschichten oder Heiligenlegenden bildhaft zu erzählen. Das war der Zweck vieler sakraler Kunstwerke, und heute kann ihre verstehende Betrachtung den Blick auf eine andere Kommunikationsebene hin weiten. Der Leser erfährt etwas über die Symbolik der Farben, der dargestellten Tiere und Pflanzen oder über die „Erkennungszeichen“ der Apostel und Heiligen – die ihnen zugeordneten Gegenstände und Attribute.

Gestaltet wurden die Hefte vom Kunsthistoriker Klaus-Martin Bresgott, der auch als Dirigent erfolgreich. Im ersten Band findet deshalb auch ein Ausblick auf die Kirchenmusik Platz, die ja immer auch eine besondere Beziehung zu den Räumen hat, für die sie komponiert wurde.

Jörg Echtler


Die beiden Broschüren "Sehen lernen. Die Sprache der Künste in der Welt der Kirche" (ISBN 978-3-00-052315-1) und "Sehen lernen. Bilder und Symbole in der Welt der Kirche" (ISBN 978-3-00-052316-8) sind auch über das Kulturbüro der EKD zu beziehen. Sie sind auch für Kirchenführer und Lehrkräfte interessant. In den nächsten Jahren sind weitere Veröffentlichungen geplant: Band 3 beschäftigt sich mit Kirchen unter dem Patronat von Maria, Martin und Nikolaus und soll 2017 erscheinen. Ein vierter Teil zu Kirchen des Historismus soll 2018 folgen.