Kirchen appellieren an europäische Einheit

Tiefes Bedauern über Brexit-Entscheidung in Großbritannien

24. Juni 2016

Mäppchen mit Union Jack
England will es künftig allein versuchen - die Kirchen halten an der Gemeinschaft fest. (Foto:epd-Bild/ Isabell Boettcher)

Ihr tiefes Bedauern über das Ausscheiden Großbritanniens aus der Europäischen Union haben Vertreter der Evangelischen Kirche in Deutschland geäußert. Sie betonten aber zugleich, dass die Kirchen in Deutschland und Großbritannien weiterhin zusammenarbeiten würden. In ihrem internationalen ökumenischen Netzwerk würden die Kirchen sich "weiter für ein geeintes und solidarisches Europa einsetzen", sagte der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Heinrich Bedford-Strohm in Berlin.

Bedford-Strohm wies auf Meldungen hin, wonach vor allem junge Menschen gegen den Austritt aus der EU gestimmt hatten. Das sei "eine besondere Verpflichtung, in unserem Engagement nicht nachzulassen", sagte Bedford-Strohm, der auch bayerischer Landesbischof ist und ergänzte: "Für mich ist die Jugend die Hoffnung Europas."

Vertrauen ist verlorengegangen

Der "Geist der Versöhnung" werde durch den politischen Schritt nicht berührt, teilte der hannoversche Landesbischof Ralf Meister mit. Er ist Vorsitzender der "Meissen Kommission". 1991 hatten EKD und die Kirche von England die "Meissener Erklärung" unterzeichnet mit dem Ziel, "nach einer sichtbaren Einheit zu streben". Auch nach dem Brexit würden die beiden Kirche "weiterhin alles dafür tun, um unsere Kirchen und die Menschen in unseren Ländern enger zusammenzubringen", sagte Meister.

Auch der Präsident der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau, Volker Jung, hat die Entscheidung der Briten bedauert, aus der EU auszutreten. Gleichzeitig sieht er die Notwendigkeit, sich weiter „für eine Stärkung des europäischen Gemeinschaftssinns“ einzusetzen. Angesichts der Wirtschafts- und Finanzkrise sowie der Flüchtlingspolitik sei offenbar das „Vertrauen in ein Europa verlorengegangen, das für ein Leben in Frieden und Freiheit, mit offenen Grenzen, Wahrung der Menschenrechte, Chancengleichheit und Solidarität steht“, sagte Jung, der auch Mitglied im Rat der EKD ist.

Nach der Entscheidung für einen Brexit hat die Kirche von England die Briten zur Einheit aufgerufen. Die Kampagnen vor dem Referendum hätten Menschen auf beiden Seiten verletzt, hieß es in einer Erklärung des Erzbischofs von Canterbury, Justin Welby, und des Erzbischofs von York, John Sentamu. Doch als Bürger des Vereinigten Königreichs "müssen wir nun vereint handeln, um uns der Aufgabe zu widmen, ein großherziges und vorwärts gewandtes Land zu schaffen, das zu menschlichem Gedeihen auf der ganzen Welt beiträgt", schrieben die beiden Spitzenvertreter der anglikanischen Kirche.

Spaltung auch innerhalb der Kirche

Welby und Sentamu forderten ihre Landsleute auf, gastfreundlich und barmherzig zu bleiben und Brücken zu bauen. Viele Ausländer wie Arbeitskollegen, Nachbarn und Freunde seien nun verunsichert. Zudem riefen sie dazu auf, für Premierminister David Cameron und für die weiteren Staats- und Regierungschefs der EU zu beten. Während des Wahlkampfs hatte sich die Kirche von England stark zurückgehalten und keine offizielle Kirchenposition veröffentlicht.

Nach Einschätzung des evangelischen deutschen Auslandspfarrers Ulrich Lincoln in London hatten die britischen Kirchen vor der Abstimmung eher hilflos agiert: "Die Spaltung verläuft auch innerhalb der Kirchen. Da wird man nicht viel machen können." Der Brexit-Beschluss sei "eine Katastrophe", sagte er. Zudem seien viele Deutsche verunsichert, weil es während des Wahlkampfs starke ausländerfeindliche Tendenzen gegeben habe.

Papst Franziskus rief dazu auf, den bei der Volksbefragung geäußerten Willen der britischen Wähler zu achten. Das Ergebnis erfordere großes Verantwortungsbewusstsein, "um das Wohl des Volks Großbritanniens und das Wohl des Zusammenlebens des gesamten europäischen Kontinents zu garantieren", sagte er nach Angaben von Radio Vatikan auf dem Flug in die armenische Hauptstadt Eriwan. (epd/ekd)