Gauck würdigt Bedeutung der Reformation für Deutschland

Lutherischer Weltbund betont Aktualität der Reformationsbotschaft

15. Juni 2016

Bundespräsident Joachim Gauck in euinem Gottesdienst zur Eröffnung der Ratstagung des LWB
Bundespräsident Joachim Gauck sprach im Gottesdienst zur Eröffnung der Ratstagung des LWB. (Foto: epd-Bild/Jens Schlüter)

Wittenberg (epd). Bundespräsident Joachim Gauck hat die Bedeutung der Reformation für die Deutschen gewürdigt. "Deutschland wäre ohne die Reformation ein anderes Land, ja, es gäbe Deutschland ohne die Reformation so nicht", sagte Gauck in der Stadtkirche zu Wittenberg zur Eröffnung der Tagung des Lutherischen Weltbundes (LWB). Der LWB tagt noch bis kommenden zum 21. Juni in Wittenberg. Er ist eine weltweite Gemeinschaft von 145 lutherischen Kirchen mit mehr als 72 Millionen Mitgliedern.

Die Sprachkraft von Luthers Bibelübersetzung habe es geschafft, "dass sich die Deutschen gegenseitig im wortwörtlichen Sinne verstanden und sich mittels einer gemeinsamen Sprache als Deutsche begriffen haben", betonte der Bundespräsident. Dies habe den gesellschaftlichen Zusammenhalt immens befördert und wirke auch in der gegenwärtigen Situation noch integrativ. Es erfülle ihn mit Stolz und Dankbarkeit, dass Vertreter der lutherischen Kirche aus aller Welt in der Predigtkirche Martin Luthers versammelt seien.

"Priestertum aller Gläubigen" als besondere Errungenschaft Luthers

Gauck würdigte das "Priestertum aller Gläubigen" als eine besondere Errungenschaft Luthers. Diese bedeute ihm persönlich sehr viel, denn sie wurzele zugleich in der Entdeckung der Würde des Individuums vor Gott, was zu großer innerer Freiheit führe., sagte der evangelische Theologe.

"Die Freiheit, von der Luther sprach, ist ein Geschenk, das an keine Vorleistung angebunden ist. Gott hat den Menschen bedingungslos angenommen", sagte Gauck. Gerade diese innere Freiheit habe dazu geführt, dass eine protestantische Minderheit in der DDR 1989 auf die Straße gegangen sei und durch friedlichen Protest die Wende mit erzwungen habe.

Der Bundespräsident lobte zudem das Engagement des Lutherischen Weltbunds, der Menschen in Not praktische und geistliche Nothilfe biete. Außerdem dankte er dem Bund für seinen Dialog mit Katholiken und anderen Christen. "Das offene Gespräch miteinander pflegen, heißt, die Vielfältigkeit des Menschseins anzuerkennen und Intoleranz entgegen zu wirken."

Der Lutherische Weltbund und Vertreter der Ökumene hoben ebenfalls die aktuelle Bedeutung der Reformation hervor. Angesichts des Klimawandels und einer zunehmenden Entwicklung des "Menschen zur wirtschaftlichen Ware" müsse man sich daran erinnern, dass Gott die Erde allen Menschen vermacht habe, sagte der Generalsekretär der Weltgemeinschaft Reformierter Kirchen, Chris Ferguson.

Reformation als "Weltbürgerin"

Der Vorsitzende des Deutschen Nationalkomitees des Lutherischen Weltbundes, Landesbischof Gerhard Ulrich, bezeichnete die Reformation als "Weltbürgerin", deren Botschaft in der ganzen Welt ihre Kraft entfalte. Er betonte, dass es auf dem Weg zum Reformationsjubiläum 2017 bei allen Unterschieden zwischen Protestanten und Katholiken in der Ökumene wichtig sei, die Gemeinsamkeiten in der Botschaft Jesu herauszustellen.

Auch Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU) würdigte die Reformation als "gewaltigen geistes- und glaubensgeschichtlichen Aufbruch, dessen Wirkungen bis heute spürbar sind". Mit dem bevorstehenden Jubiläum 2017 werde "eines wichtigen Meilensteins bei der Emanzipation des Menschen" gedacht. Ebenso werde damit an die Übersetzung der Bibel erinnert, "wodurch diese Glaubensquelle allen Menschen zugänglich gemacht wurde".

Dem Lutherischen Weltbund mit Sitz in Genf gehören 145 Mitgliedskirchen aus 98 Ländern mit gut 72 Millionen Gläubigen an. Im nächsten Jahr wird weltweit das 500. Reformationsjubiläum gefeiert, das auf die Veröffentlichung der 95 Thesen Martin Luthers im Jahr 1517 in Wittenberg zurückgeht.

epd