Reformationsjubiläum 2017: Europäisch, ökumenisch, politisch

Die Evangelische Kirche in Deutschland präsentiert Programmpunkte für das Festjahr

9. Mai 2016


Berlin (epd). Seit 2008 bereitet sich die evangelische Kirche auf das 500. Reformationsjubiläum vor. Seit Beginn der Reformationsdekade wird diskutiert, wie gefeiert werden soll: stolz oder auch demütig, nur unter Protestanten oder überkonfessionell, national oder international? In fünf Monaten geht das Festjahr los. Auftakt ist bereits am Reformationstag dieses Jahres (31. Oktober). Am 9. Mai stellten die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) und der Deutsche Evangelische Kirchentag in Berlin ihre Pläne vor. Damit steht auch der Kurs fest: Das Jubiläum wird europäisch gefeiert, ökumenisch und auch politisch.

Nicht nur eine  deutsche Angelegenheit

Die Reformation sei nicht nur eine deutsche Angelegenheit gewesen, sagte der EKD-Ratsvorsitzende Heinrich Bedford-Strohm. Das Jubiläumsjahr müsse europäisch sein, erläuterte er mit Verweis auf die Reformatoren Jan Hus aus Prag und die Schweizer Huldrych Zwingli und Johannes Calvin. Der Landesbischof der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Bayern erwartet beim Zusammentreffen europäischer Protestanten auch Diskussionen über die aktuelle Flüchtlingssituation, die Europa derzeit eher spaltet als eint. 500 Jahre Reformation zu feiern heiße auch, sich öffentlich einzumischen.

Geplant ist ab November 2016 ein Europäischer Stationenweg durch 68 Orte in 19 Ländern, aus denen Impulse für die Reformation ausgingen oder die von der Reformation geprägt wurden. Ziel der Tour ist Wittenberg, die zentrale Wirkungsstätte Martin Luthers. Vom 20. Mai bis 10. September 2017 soll dort die Weltausstellung "Tore der Freiheit" Protestanten aus aller Welt zusammenbringen und ihnen Gelegenheit geben, sich zu präsentieren.

Höhepunkt: Open-Air-Gottesdienst in Wittenberg

Höhepunkt ist am 28. Mai ein Open-Air-Gottesdienst in Wittenberg. Die Wiese an der Elbe sei groß genug für 300.000 Besucher, sagte Kirchentagspräsidentin Christina Aus der Au. Zuvor findet in Berlin der 36. Deutsche Evangelische Kirchentag statt, der ebenfalls die Reformation in den Mittelpunkt rückt. Zeitgleich werden sechs regionale "Kirchentage auf dem Weg" in mitteldeutschen Städten gefeiert. Die Kirchentagsbesucher sollen aus Berlin im Zehn-Minuten-Takt mit Sonderzügen in die Lutherstadt gebracht werden.

Bedford-Strohm bezeichnete das Reformationsjubiläum als Signal für Aufbruch und Versöhnung – und verwies vor allem auf das ökumenische Miteinander. "Auch die Reformatoren wollten keine neue Kirche gründen, sondern auf Christus verweisen", sagte er. In diesem Sinne sind gleich mehrere hochkarätige Veranstaltungen mit der katholischen Kirche geplant: Der Lutherische Weltbund erwartet im schwedischen Lund Papst Franziskus am 31. Oktober dieses Jahres zu einem ökumenischen Reformationsgedenken. Ob Franziskus auch nach Deutschland komme, wollte Bedford-Strohm nicht ausschließen. Er werde mit Freude nach Lund blicken, wenn am selben Tag die EKD in Berlin das Jubiläumsjahr für Deutschland eröffnet.

Im März 2017 wollen EKD und katholische Deutsche Bischofskonferenz in Hildesheim einen Buß- und Versöhnungsgottesdienst feiern, bei dem an die Wunden durch die Kirchenspaltung erinnert werden soll. Vertreter beider Kirchen wollen sich zudem bereits im Herbst dieses Jahres zu einer gemeinsamen Pilgerreise nach Israel und Palästina aufmachen, um sich im Heiligen Land der gemeinsamen Wurzeln des Glaubens zu vergewissern.

"Reformation heißt mutiger Aufbruch"

Für den Kirchentag erwartet dessen Präsidentin Aus der Au Debatten darüber, was die Reformation 500 Jahre nach dem Thesenanschlag Luthers bedeutet. Sie rechnet mit Diskussionen über die Flüchtlingspolitik und das Erstarken rechtspopulistischer Strömungen im Vorfeld der Bundestagswahl. Die Schweizer Theologin Aus der Au wünscht sich ein "starkes Zeichen für Willkommen, Respekt und Miteinander" – und einen Anstoß für neue Ideen in der Kirche: "Reformation heißt mutiger Aufbruch und Abkehr von alten Gewohnheiten, die lebensfeindlich geworden sind."

Mit dem Jubiläumsjahr erinnern die Protestanten an den überlieferten Anschlag der 95 Thesen durch Martin Luther an die Schlosskirche in Wittenberg. Luther kritisierte vor allem den Ablasshandel der römischen Kirche und setzte sich für Reformen ein. Der Thesenanschlag gilt als Ausgangspunkt der Reformation und damit der Gründung der evangelischen Kirche.

Corinna Buschow (epd)