Wandern mit Gott, zu sich selbst

Vor 70 Jahren begann die Männerarbeit der Evangelischen Kirche in Deutschland

2. Mai 2016

Männer in einem Klettergarten in Fürstenfeldbruck.
Auch das Klettern im Seilgarten ist Bestandteil kirchlicher Männerarbeit. (Foto: epd-Bild/Günter Kusch)

Frankfurt a.M. (epd). Auslandsreisen extra für Männer, beim wöchentlichen Gruppentreffen über aktuelle Ereignisse diskutieren, Seminare für Väter mit ihren Kindern organisieren – die Männerarbeit der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) hat viele Facetten. Gegründet wurde die Organisation vor 70 Jahren, bei einem Treffen von Vertretern einzelner Männergruppen im hessischen Echzell (2. bis 4. Mai 1946). Seitdem haben sich nicht nur die kirchlichen Angebote für Männer gewandelt. Auch mit neuen Herausforderungen sieht sich die Evangelische Männerarbeit heute konfrontiert.

"Die Männerarbeit soll Männern dazu verhelfen, mit sich selbst, anderen Menschen und Gott in Kontakt zu kommen", sagt Martin Treichel, Landesmännerpfarrer der Evangelischen Kirche von Westfalen. Dazu seien spezielle Angebote nötig, denn Männer nähmen kirchliche Angebote anders wahr als Frauen. Und: "Männerthemen werden in der Kirche oft zu wenig angesprochen."

Weg vom Beruf

Männerthemen seien beispielsweise Ereignisse aus der Arbeitswelt, die Vereinbarkeit von Familie und Beruf oder schlicht die Frage: "Wer bin ich als Mann?" Darum soll es auch bei einer Wander-Tour im August gehen, sagt Treichel. Mit 18 Reisegenossen will der Pfarrer täglich fünf bis sieben Stunden von Hütte zu Hütte in den österreichischen Alpen wandern. Das Ziel: "Die Männer sollen daraus etwas für ihr Leben mitnehmen und Solidarität und Unterstützung erfahren."

Unterstützung und Seelsorge habe die Männerarbeit auch nach ihrer Gründung 1946 leisten müssen, sagt Martin Rosowski, Leiter der Männerarbeit des "Evangelischen Zentrums Frauen und Männer": "Die Männer waren nach dem Krieg körperlich und seelisch versehrt." In den 50er und 60er Jahren habe sich die Männerarbeit auf die Berufswelt des Mannes konzentriert, die "prägend für das männliche Selbstbild" gewesen sei.

Zeit mit den Kindern

Angeregt durch die Frauenrechtsbewegung habe sich die EKD-Männerarbeit seit Anfang der 70er Jahre mit der Rolle des Mannes in der Gesellschaft und in der Familie befasst. Und heute? "In der Geschichte der deutschen Gesellschaft hat es noch nie zuvor eine so aktive Väter-Generation gegeben wie aktuell", sagt Rosowski. Die Vater-Kind-Arbeit sei inzwischen ein "Highlight der Männerarbeit."

Väter und ihre Kinder lädt auch die Männerarbeit der Evangelischen Kirche im Rheinland ein: Flüchtlingsväter können sich einmal pro Woche in der katholischen Herz-Jesu-Gemeinde in Essen treffen, um dort mit ihren Kindern zu spielen. Für viele Männer des muslimischen Kulturkreises sei es oft nicht üblich, Zeit mit ihren Kindern zu verbringen, sagt Projektleiter Dietmar Fleischer.

Trotz vielfältiger Angebote gebe es für die Evangelische Männerarbeit noch viel zu tun, mahnt Rosowski: "Wir müssen weiterhin stark daran arbeiten, wie wir Männer auch in Zukunft in unserer Kirche beheimaten können." Männer seien im kirchlichen Alltagsleben und in den Ehrenämtern unterrepräsentiert. Einen Grund dafür sieht Rosowski in der Art der kirchlichen Verkündigung: "Viele Männer fühlen sich von Predigten abgeschreckt und nicht ernst genommen."

Ob sich die Teilnehmer der Wandergruppe später in der Evangelischen Kirche von Westfalen engagieren werden, ist für Martin Treichel hingegen zweitrangig. Dennoch sei es "natürlich schön", wenn durch die gemeinsame Wanderung auch Freundschaften entständen. Für den Pfarrer ist es für die Männerarbeit ein wichtiges Ziel, Räume für Männer-Freundschaften zu schaffen.

Luisa Heß (epd)